Nur 13 Prozent mit Mindestlaufzeit: Hochschulen in Sachsen-Anhalt brechen vereinbarte Standards massiv
Planungssicherheit für studentische Beschäftigte, gute Bezahlung, Vertragslaufzeiten von mindestens zwölf Monaten: Die schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Land, Hochschulen und Gewerkschaften sollte die prekären Arbeitsbedingungen studentisch Beschäftigter spürbar verbessern. Die Realität an Sachsen-Anhalts Hochschulen sieht jedoch anders aus, wie eine parlamentarische Anfrage der Fraktion Die Linke im Landtag offenbart. Hendrik Lange, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, macht die Landesregierung für das Scheitern verantwortlich: „Die Landesregierung nimmt den Rechtsbruch an der schuldrechtlichen Vereinbarung billigend in Kauf. Die Vereinbarung verpflichtet Hochschulen, Abweichungen von der Mindestlaufzeit zu begründen. Doch an der Martin-Luther-Universität geschieht dies nur in knapp 50 Prozent der Fälle, an der Otto-von-Guericke-Universität werden Begründungen überhaupt nicht statistisch erfasst. Durch Abducken lässt die Landesregierung die jungen Beschäftigten mit diesem Zustand allein. Die Anfrage zeigt zudem, dass die prekären Zustände studentischer Beschäftigungsverhältnisse trotz Vereinbarung andauern: Nur 13 Prozent der circa 5.000 neu eingestellten studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte erhielten Verträge mit der vereinbarten Mindestlaufzeit von zwölf Monaten. Die schuldrechtliche Vereinbarung in Sachsen-Anhalt ist gescheitert, das beweist diese Anfrage eindeutig. Die Ausreden sind aufgebraucht, die Fakten liegen auf dem Tisch. Den studentischen Beschäftigten wurde in der letzten Tarifverhandlung die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen versprochen, jetzt muss geliefert werden.“
Sofia Kohler, Gewerkschaftssekretärin für Hochschulpolitik der Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW), erklärt: „Mit der schuldrechtlichen Vereinbarung sollte für studentisch Beschäftigte eine Standardlaufzeit von zwölf Monaten etabliert werden, kürzere Verträge müssen folglich begründet werden. An der Martin-Luther-Universität werden weniger als 50 Prozent der Fälle begründet. An der Otto-von-Guericke-Universität fehlt eine statistische Erfassung der Begründungen gänzlich. Dieser systematische Rechtsbruch ist ein Skandal, bei dem die Landesregierung zuschaut.“ In der Tarifverhandlung der Länder 2023/2024 wurde die schuldrechtliche Vereinbarung geschlossen. Als Standard gelten seit dem 1. April 2024 zwölf Monate Vertragslaufzeit, kürzere Laufzeiten erfordern eine Begründung. Nur 13 Prozent der 7.300 neuangestellten studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte erhielten 2024/2025 die Mindestvertragslaufzeit. Hochschulübergreifend liegen explizite Begründungen für die Unterschreitung in weniger als 50 Prozent der Fälle vor.
Felix Stacke, Gewerkschaftssekretär aus Sachsen-Anhalt Nord der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), gibt sich angesichts der am 3. Dezember 2025 startenden Tarifrunde der Länder kämpferisch: „Die schuldrechtliche Vereinbarung ist gescheitert. Studentisch Beschäftigte dürfen von der Tarifgemeinschaft der Länder nicht wieder mit unverbindlichen Notlösungen abgespeist werden. Dafür ist das Thema viel zu wichtig. Wir von ver.di als tarifführende Gewerkschaft werden gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen alles daran setzen, dass diese Enttäuschungserfahrung korrigiert wird. Voraussetzung dafür ist, dass wir uns bis dahin weiter organisieren und starke gewerkschaftliche Strukturen an den Hochschulen aufbauen. Wir haben in der letzten Tarifrunde bewiesen, dass wir kämpfen können. Her mit dem Tarifvertrag! Fabian Pfister, Referatssekretär für die Themen Jugend, Bildung und berufliche Bildung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), wirbt für eine Tarifwende: „In der Anfrage wird ersichtlich, wohin eine Politik führt, die auf Kosten der Beschäftigten spart: Wenn Tarifbindung fehlt, dann zeigen sich unsichere Beschäftigungsverhältnisse, prekäre Verträge und ungerechte Löhne. Die Tarifgemeinschaft der Länder muss Kurs auf die Tarifwende nehmen und den lange geforderten Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte abschließen“.











Neueste Kommentare