Radweg, Festzelt – und 80 Zentimeter: Stadtrat muss zum geplanten Radweg am Osendorfer See entscheidem
Der geplante neue Radweg auf der ehemaligen Kohlebahntrasse am Osendorfer See sorgt weiterhin für lebhafte Debatten in den städtischen Gremien. Was zunächst wie eine kleine bauliche Anpassung erschien, entpuppt sich als Konflikt zwischen Naturschutz, Vereinsinteressen und verkehrspolitischen Zielen. Dabei geht es, zumindest auf den ersten Blick, lediglich um wenige Zentimeter. Doch genau diese sind für den Halleschen Drachenbootverein von existenzieller Bedeutung.
80 Zentimeter, die ein 15-Meter-Zelt verhindern könnten
Der Drachenbootverein nutzt sein Vereinsgelände regelmäßig für große Veranstaltungen und benötigt dafür ein Zelt mit einer Breite von rund 15 Metern. Durch die derzeit geplante Führung des Radwegs wäre dieser Platz jedoch nicht mehr gegeben. „Das ist für uns bei Großveranstaltungen existenziell“, betonte Martin Ständer vom Verein im Planungsausschuss. Ohne ausreichende Fläche könne das zentrale Veranstaltungszelt nicht aufgebaut werden, ein erheblicher Einschnitt in die Arbeit des Vereins.
Umweltausschuss schlägt Verlegung des Radwegs vor
Der Umweltausschuss reagierte vergangene Woche auf die Kritik des Vereins und sprach sich dafür aus, den Radweg im betreffenden Abschnitt leicht zu verlegen. Statt über das Pachtgelände des Drachenbootvereins soll die Strecke künftig neben der bestehenden Zaunanlage verlaufen. Damit wäre der benötigte Platz gesichert – zumindest theoretisch. Doch dieser Vorschlag stößt auf Widerstand der unteren Naturschutzbehörde. „Wir haben versucht, den Nutzungsansprüchen der Vereine gerecht zu werden“, erklärte Stadtplanerin Simone Trettin. Allerdings würde es von der unteren Naturschutzbehörde keine Zustimmung geben. Der Grund: Im betroffenen Bereich stehen mehrere großgewachsene Eichen. Diese gelten als ökologisch besonders wertvoll und dürfen nicht gefällt werden. „Die untere Naturschutzbehörde sagt, das ist nicht fällfähiger Bestand“, so Trettin.
Mini-Kompromiss: 25-Meter-Verschwenkung möglich
Nach intensiven Gesprächen erarbeitete die Stadtverwaltung einen Teilkompromiss. Auf einer Länge von etwa 25 Metern – direkt im Bereich des Vereinstores – könne der Radweg doch leicht verschwenkt werden. Dort seien keine Baumfällungen notwendig, und der Drachenbootverein erhielte die benötigten 15 Meter Platz für sein Zelt. Der Verein zeigte sich zunächst skeptisch, doch letztlich unterstützte der zuständige Ausschuss die Lösung. Vorausgegangen war der Rückzug eines Änderungsantrags der SPD. Nun stehen allerdings zwei unterschiedliche Beschlussempfehlungen der Fachausschüsse im Raum – ein Umstand, der für neue Diskussionen im Stadtrat sorgt. Eine Entscheidung in der kommenden Woche gilt als wahrscheinlich, aber keineswegs als sicher.
Während die Kompromisssuche am Drachenbootgelände voranschreitet, scheiterte ein weiterer Vorschlag zur Umplanung eines anderen Wegabschnitts. Wolfgang Aldag (Grüne) plädierte dafür, am Anfang des künftigen Radwegs die bereits existierende gepflasterte und später asphaltierte Zufahrt zu nutzen – anstatt eine parallele neue Asphalttrasse zu bauen. Dies wäre nicht nur kostengünstiger, sondern würde auch die Fällung von 36 Bäumen verhindern. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit.
Wie geht es weiter?
Mit zwei unterschiedlichen Empfehlungen aus dem Umwelt- und Planungsausschuss steht der Stadtrat nun vor einer schwierigen Entscheidung. Einerseits soll der Radweg als wichtiger Baustein für eine bessere Fahrradinfrastruktur zügig vorankommen. Andererseits gilt es, Naturflächen zu erhalten und die Anliegen lokaler Vereine zu berücksichtigen. Die Stadtratssitzung kommende Woche dürfte daher erneut kontrovers verlaufen. Klar ist: Der Konflikt um den Radweg am Osendorfer See zeigt einmal mehr, wie eng Natur-, Vereins- und Verkehrsinteressen in Halle miteinander verflochten sind – und wie sensibel jede Veränderung auf dieser Trasse ist.












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