15 Euro Mindestlohn: 27.100 Menschen in Halle würden profitieren – Saalestadt hätte 14,9 Millionen Euro mehr Kaufkraft pro Jahr

Gewerkschaft sieht beim Lohn „Luft nach oben“: In Halle arbeiten heute rund 7.800 Menschen zum Mindestlohn. Sie verdienen 12,82 Euro pro Stunde. Das geht aus dem Mindestlohn-Monitor hervor, den das Pestel-Institut als regionale Lohndaten-Analyse für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gemacht hat.
Die NGG Leipzig-Halle-Dessau ist unzufrieden mit dem Mindestlohn. Die Gewerkschaft will, dass „sich beim Niedrigstlohn etwas bewegt“ – nach oben: „Steigende Mieten, höhere Preise im Supermarkt, steigende Eintrittspreise und Gebühren. Dazu der Tank vom Auto als Euro-Fresser. Und auch die Bahn, die ständig an den Ticketpreisen schraubt: Die dünnen Portemonnaies müssen dringend dicker werden. Der Mindestlohn muss deutlich nach oben gehen“, fordert Christian Ullmann.
Der Geschäftsführer der NGG Leipzig-Halle-Dessau setzt dabei auf die Mindestlohnkommission: „Sie muss die unterste Lohnkante jetzt unbedingt deutlich anheben. Wichtig ist, dass das nicht in Tippelschritten passiert, sondern schnell in Richtung 15 Euro ansteigen wird. Wer Vollzeit arbeitet und den gesetzlichen Mindestlohn verdient, hätte dann am Monatsende rund 375 Euro brutto mehr“, rechnet Christian Ullmann vor.
Von einem 15-Euro-Mindestlohn würden nach Berechnungen des Pestel-Instituts rund 27.100 Menschen in Halle profitieren. „So viele arbeiten heute nämlich für weniger als 15 Euro pro Stunde“, sagt NGG-Geschäftsführer Ullmann. Gerade Mini-Jobber bekämen oft nur einen Niedriglohn für ihre Arbeit.
Eine Anhebung des Mindestlohns um 2,18 Euro auf 15 Euro pro Stunde würde vor allem der Kaufkraft in Halle einen „enormen Push“ bringen: Rund 14,9 Millionen Euro hätten die Mindestlohn-Beschäftigten in Halle dann pro Jahr mehr in der Tasche. Das hat das Pestel-Institut berechnet.
„Das macht also auch volkswirtschaftlich richtig viel Sinn, denn wir reden immer noch vom Niedriglohnbereich und hier geht jeder Cent nahezu eins zu eins in den Konsum. Wer nämlich wie viele Beschäftigte zum Beispiel in der Systemgastronomie am untersten Lohn-Limit verdient, der braucht das Geld für alles, was nötig ist – von der neuen Waschmaschine bis zum ausgewogenen Essen. Wer nur den Mindestlohn verdient, der hat sowieso keine Chance, Geld auf die hohe Kante zu legen“, sagt Christian Ullmann von der NGG Leipzig-Halle-Dessau.
Es sei deshalb auch „richtig und wichtig“, dass die schwarz-rote Koalition in Berlin einen Mindest-Stundenlohn von 15 Euro als Zielmarke gesetzt habe. Jetzt komme es auf die Mindestlohnkommission an. Ihr gehören Arbeitgeber und Gewerkschaften an. „Die Kommission muss schon bei ihrer nächsten Sitzung Ende Juni den ersten entscheidenden ‚Lohn-Pflock‘ Richtung 15 Euro setzen“, so Ullmann.
Wichtige Kriterien für eine Anhebung des Mindestlohns seien nicht nur die generelle Tarifentwicklung, sondern auch die Kaufkraft des gesetzlichen Mindestlohns. Hier solle die 60-Prozent-Marke vom mittleren Bruttolohn erreicht werden. Ein Einschreiten des Gesetzgebers wäre laut Ullmann demnach derzeit gar nicht erforderlich, denn: „Die Kommission hat für die sinnvolle Erhöhung auf 15 Euro ja alle notwendigen Kriterien zur Hand.“
Der Geschäftsführer der NGG Leipzig-Halle-Dessau sagt auch, warum er aufs Tempo drückt: „Wer am unteren Lohn-Limit arbeitet, hat mehr Respekt verdient. Mehr Respekt bedeutet dabei vor allem aber auch mehr Lohn. Es ist traurig genug, dass viele Menschen auf Bürgergeld angewiesen sind. Aber es ist bitter, dass die, die heute zum Mindestlohn arbeiten, nur ein ‚Bürgergeld plus‘ im Job verdienen“, so Christian Ullmann. Wirklich fair bezahlt werde ohnehin nur, wer den Tariflohn seiner Branche bekomme.
Alles schön und gut.
Aber wer bezahlt denn den Arbeitgeber, damit er den Mindestlohn zahlen kann? (Geht hier ja eher nicht um Großbetriebe, sondern um Gastro…)
Richtig, wir alle!
Und was passiert?
a) Wir haben weniger in der Tasche und wollen mehr Geld. Was passiert? Genau! Nennt sich Spirale…
b) Wir gehen dort nicht mehr Essen und die Bude macht zu.
c) Der Gastronom schultert das eine Weile selbst, merkt, dass das so nicht funktioniert und erhöht die Preise. Folgen: siehe a) oder b)
Genau RICHTiG erkannt. Die dicke Geldbörse von der im Text die Rede ist, wird der Niedriglohnempfänger auch brauchen, weil er damit die erhöhte Preise zahlen muss. Am Ende als +/-0. Somit werden auch in Halle von den Millionen an Kaufkraft nix ankommen. Kommt noch hin zu, ob bei ca. 14Mille der Brutto oder Nettolohn genommen wurde. Denn von den 2€ Erhöhung wird ja noch fleißig abgezogen. Ich gönnen jedem mehr Geld, aber auf diesen Weg wird es nicht mehr werden.
Diese politische Augenwischerei geht mir so auf die Nerven….
Der Mindestlohn ist nicht das Problem!
Die Lohnnebenkosten stellen hier die Herausforderung.
Anstatt die Steuerlast vom Verbraucher zu reduzieren, wird einfach mehr Geld in Umlauf gebracht, was besteuert werden kann.
Was wohl passiert, wenn die Lohnkosten durch das Anheben des Mindestlohns?
Nun die Verbraucherpreise steigen, ergo mehr Steuereinnahmen.
Also gewinnt mal wieder nur einer bei der Sache.
Sozialabgaben, Mehrwertsteuer usw usw usw usw …. müssen sinken.
„Hier solle die 60-Prozent-Marke vom mittleren Bruttolohn erreicht werden.“
Also ich sehe hier mehrere Probleme, die sich in der Folge ergeben:
1.) Wenn ich in Mathe richtig aufgepasst habe, dann erhöht sich mit der Erhöhung der unteren Lohngruppen ganz automatisch der mittlere Bruttolohn. Entsprechend wird immer weiter angepasst. Ein Teufelskreis.
2.) Wenn die unteren Lohngruppen erhöht werden, dann müssen alle höheren Lohngruppen, in denen man als Facharbeiter bezahlt wird, natürlich auch nachziehen, sonst stimmt das Gefüge nicht mehr. Entsprechend ändert sich der mittlere Bruttolohn erneut und wir sind wieder bei 1.)
3.) Die Preisgestaltung für Waren und Dienstleistungen wäre natürlich ebenfalls betroffen, da höhere Lohnkosten entstehen. Außerdem „regelt der Markt“ entgegen der landläufigen Meinung nicht zwingend nach unten. Einige Branchen werden von wenigen Großkonzernen dominiert, die den Preis auswürfeln, den der Kunde „grade noch“ bezahlt.
Die Liste könnte sicher noch ergänzt werden. Die Mindestlohndebatte ist richtig, da der Niedriglohnsektor verhältnismäßig groß ist und es wichtig ist, dass man vom Einkommen leben kann, ohne zusätzliche Hilfe vom Staat zu erhalten.
Die o.g. Forderung wird m.E.n. das Problem für wenige Wochen/Monate lösen und nur die Preise treiben. Inflation. Bei der Euroumstellung wurden auch nur sehr wenige Preise wirklich „halbiert“
Stattdessen sollte man sich lieber daran wagen, dass vom Brutto mehr übrig bleibt und z.B. im Bereich Wohnen einfach die Preise sinken.
Du bist in Mathe wahrscheinlich immer an den Sachaufgaben gescheitert. Denn bevor man eine Formel anwendet, muss man die richtigen Werte und Formeln bestimmen.
Aber ich gebe dir mal ein paar Hinweise:
– wenn der Anteil der Arbeitnehmer mit Mindestlohn sinkt, kann ein höherer Mindestlohn gezahlt werden ohne Anpassung des mittleren Bruttolohns
– wenn der Mindestlohn verdoppelt wird, verdoppelt sich nicht automatisch der mittlere Bruttolohn. Also wird es einen Mindestlohnanstieg geben, bei dem der Mindestlohn 60% des Bruttolohns ergibt. Das sind allerdings Grenzwertbetrachtungen. Das wird meist erst in der 11. Klasse gelehrt. Damit bist du entschuldigt 😉
„14,9 Millionen Euro mehr Kaufkraft pro Jahr“
Und die Firmen stemmen die 14,9Mio jährlich aus eigener Tasche? Wohl eher nicht. Das zahlen alle anderen dann bei jedem Restaurantbesuch/Friseurbesuch/usw. mehr.
Nicht zu vergessen, dass die 14,9Mio mehr an Kaufkraft nach Abzug Steuern und Abgaben sind. Somit fehlen, um beim Beispiel zu bleiben, den Restaurantbesuchern nicht nur 14,9Mio Kaufkraft.
In Summe wird die Kaufkraft in Halle also eher niedriger, weil der Staat ein Teil des Geldes abzweigt.
Genau. Lieber die armen Schweine noch eine Weile auspressen. Gastro, Friseur und Co. sind doch niedere Arbeiten, die haben einfach keinen guten Lohn verdient. Bisher war das alles so schön billig, das muss doch irgendwie weiter so gehen. Wenigstens noch ein paar Jahre. Hauptsache ich habe nen gut bezahlten Job mit wenig Arbeit. Was interessieren mich schon Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten!? Scheiß doch auf Soziale Anteilnahme und Verständnis für Schlechtverdiener. Ich wir brauchen jemanden, drauf den wir herabtreten können….
Mir kommt echt die Galle hoch wen ich die Kommentare hier lese. Ihr habts alle noch nicht verstanden. Ihr wollt immer so weiter machen wie bisher. Früher war alles besser, lautet eure Devise.
Ihr seit alle samt auf dem Holzweg. Zukunft heißt Veränderung, nicht Rückschritt oder Stillstand.
Wer sich nicht anpasst wird untergehen mit denen, die ihr Heil im Früher suchen.
Dieses Gejammer das alles immer teurer wird, ist unerträglich. Und noch was. „Der Staat“ ist nicht existent. Wir alle sind ein Teil dieses Staates und können mit bestimmen und gestalten. Das funktioniert natürlich nicht in der Kommentarspalte und auch nicht mit dem Sterni vor der Glotze.
Ihr habt euch aber scheinbar alle schon aufgegeben und euer Lebenssinn besteht darin, sich am Leid anderer zu ergötzen und die Ideen derer di gestalten, zu kritisieren.
„Seit geht mit der Zeit“ – habe ich mal gelernt. Entsprechend wäre „…Ihr seid doch….auf dem Holzweg“ richtig.
Von „Auspressen“ ist in den Kommentaren keine Rede. Sondern davon, dass jede Lohnerhöhung über kurz oder lang eine Steigerung bei den Kosten nach sich zieht.
Mal wieder keine Ahnung von Marktwirtschaft.
Na mal gucken, was der PaulusWeise hier wieder für Einwände hat. Geht ja nicht, dass einer aus der Gewerkschaft Forderungen stellt. Auch wenn er recht hat. Schließlich handelt es sich in dem Niedriglohnsektor um „Anlerntätigkeiten“, die man jetzt nicht noch entlohnen müsste. Im Artikel steht was von Respekt. Auch dieser ist seiner Meinung nach den Menschen zu verwehren. Danke Gewerkschaft für deine klaren Worte!!!
Sry, aber Sie haben null Ahnung welcher Rattenschwanz da dran hängt. Mal die oberen Kommentare lesen und drüber nachdenken, könnte Sie eventuell etwas führen.
Faxen! Als ob die Preise nur steigen, weil die Löhne steigen. Laut den beschriebenen Rattenschwänzen hätten wir wieder Zeiten aus den 20ern des letzten Jahrhunderts. Preise sind schon immer gestiegen. Siehe Benzin, Energie usw.
Natürlich ist das so! Die steigenden Löhne MÜSSEN auf die Preise umgelegt werden! Wie soll das sonst funktionieren? Irgendwann hat der Arbeitgeber auch nichts mehr. Zumindest die kleinen privaten. Die großen Konzerne schreien nach dem Staat und dann kommt Hilfe. Den kleinen hilft keiner, die verschwinden einfach von der Bildfläche 🙁
Sicherlich nicht, denn nicht nur die Löhne steigen auch alle Lohnnebenkosten
erhöhen sich, unterm Strich höhere Ausgaben für den Unternehmer, welche er umlegen muss .. auf wen?? auf den Endverbraucher und beim Arbeitnehmer
kommt somit nicht wirklich mehr an bzw bleibt mehr erhalten, vielleicht für den Moment, aber nicht mittel- und langfristig…
Achso, Steuereinnahmen, die steigen natürlich 😉
Sinnvoller wäre es, beim Bürgergeld drastisch zu kürzen.
Man würde dem unproduktiven Bereich Kaufkraft entziehen, was dann in der Konsequenz zu mehr Preisstabilität führt, wovon auch die Bezieher des Mindestlohnes profitieren.
Man sorgt also für mehr soziale Gerechtigkeit und gibt gleichzeitig einen Anreiz, einen Arbeitsplatz anzunehmen.
Ein win-win-System, alle würden profitieren.
Kann man gerne tun. Einiges sollte man sogar. Wenn Du aber so polemisch auf dem Schubladenthema rumreiten magst, dann mache es bitte auch richtig. Fordere gleichzeitig Rente 0 für (bewusst) Kinderlose, schließe den Weg für Unternehmer mit 50 auf einmal wieder Angestellte sein zu wollen (Thema Krankenkassenkosten). Und so weiter.
Dieses Reiten auf dem einzelnen Thema Bürgergeld ist AfD- und Bildniveau.
Liberaler, wie wär’s mit Reichensteuer? Ich meine hier die unproduktiven Erben… Da könnte man einiges an sozialer Gerechtigkeit etablieren. Das Faulheitsargument ist eine Mär aus der Liberalenblase. Nach unten treten ist halt leichter…
Und wieder die Fratze eines Nazis. „unproduktiver Bereich“ nannte sich damals etwas anders, meinte aber das gleiche. Wann kommen wieder deine Phantasien von Lagern? Du weißt also über die Biographien der Bürgergeldempfänger Bescheid? Du meinst, mit billigen Floskeln wäre der Umstand zu ändern? Dass die wahren Betrüger mit höheren Schadensummen die Steuerbetrüger sind, will dir natürlich nicht in den Sinn.
Einen Kommentar zu deinem Nazi-Gesabbel spare ich mir.
Machen die meisten Nazis…. Aber fein, dass du es wenigstens nicht abstreitest.
Am besten du sparst dir sämtliche Kommentare, zumindest solange, bis du wenigstens ein kleines bisschen Bildung aufgenommen hast.
@Liberaler
Ich gestehe gern, dass ich Ihrer Rechnung nicht folgen kann, weil es anscheinend doch nicht Faulheit war, die mein Abitur-Ergebnis im Mathe-LK provozierte, sondern das Fehlen analytischer Intelligenz.
Wie bitte schön führt denn das Entziehen von Kaufkraft bei den Bürgergeldempfängern zu höherer Preisstabilität? Wenn tendenziell weniger Geld bei den unteren 20% zur Verfügung steht, senken alle ihre Preise oder wie ist das gemeint?
In ihrer Logik haben Bürgergeldempfänger zu viel Geld. Entsprechend werden sie dieses ja nicht für notwendige Grundversorgungsgüter ausgeben, sondern eher „Luxus“ anhäufen und/oder Rauschmittel erwerben, was ihnen beides nicht zusteht, weil Bürgergeldempfänger faul sind. Welchen Einfluss hätte die sinkende Kaufkraft auf Waren des täglichen Bedarfs?
Bitte erklären sie mir das.
P.S. Wenn die Anreize steigen, eine Tätigkeit aufzunehmen, steigt dann nicht automatisch wieder die Kaufkraft? Spätestens an dieser Stelle komm ich nicht mehr mit.
@Liberaler: Es scheint Ihnen ein obsessives Bedürfnis zu sein, Bürgergeldempfänger:innen die Lebensgrundlage streitig machen zu wollen. Abgesehen davon, dass das aus humanitärer Sicht höchst fragwürdig ist und Ihre Haltung mich zutiefst abstößt, ist das auch aus arbeitsmarktpolitischer und ökonomischer Perspektive äußerst kurzsichtig.
Zunächst gibt es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, das dem Kürzen von Leistungen im Bereich des Bürgergeldbezugs Grenzen setzt (mit dem Verweis auf die Menschenwürde und Sozialstaatsgebot im Grundgesetz). Auch hier stellt sich die Frage, wie sich Ihre Forderungen nahc drastischen Einschränkungen beim Existenzminimum (!) eigentlich mit einem liberalen Selbstverständnis vereinbaren lassen. Aber ich fürchte fast, das wird Ihnen letztlich egal sein.
Des Weiteren beruhen Ihre Ausführungen auf dem falschen Bild, Bürgergeldempfänger:innen wären alle gleich und alle faul. Beides ist eine allzu einfache Pauschalisierungen. Zu den Fakten: Von den ca. 5,5 Mio. Menschen im Bürgergeld sind ca. 1,5 Mio. nicht erwerbsfähig (weil es Kinder und Jugendliche sind). Von den restlichen ca. 4,0 Mio. Bezieher:innen des Bürgergeldes sind ca. 1,7 Mio. arbeitslos und stünden dem Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung. Die übrigen ca. 2,2 Mio. beziehen zwar Bürgergeld, sind aber nicht arbeitslos (sog. „Aufstocker“) (Quelle: https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/armut/fakten-statt-polemik-zum-buergergeld).
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass wenn Löhne steigen würden (siehe Anhebung des Mindestlohns), weniger Menschen auf aufstockende Leistungen aus dem Bürgergeld angewiesen wären. Ergo: die Zahl der Bürgergeldempfänger würde durch Mindestlohnerhöhungen weiter sinken.
Mit Verlaub, die Behauptung, Anreize zur Arbeitsnahme entsünden durch weniger schwankende Preise, dürften Sie ziemlich exklusiv haben. Anreize entstehen durch veränderte Kosten-Nutzen-Kalkulationen aus Perspektive des betreffenden Individuums, also durch Aussicht auf einen höheren Nutzen. Folglich steigen Anreize zur Aufnahme einer Arbeit vor allem durch die Anhebung von (gesetzlich bzw. tariflich garantierten) Löhnen. Fixierte Löhne bedeuten nämlich Planungs- und Kalkulationssicherheit. Vermeintliche Aussichten auf sinkende Preise – was in einer Marktwirtschaft nie sicher ist – können deshalb keine Anreize zur Aufnahme einer Arbeit bieten, weil sich damit überhaupt nicht vernünftig kalkulieren lässt. Mir ist nicht bekannt, dass gegenwärtig Preisstabilität bzw. -schwankungen ein Problem darstellen. Vielmehr belastet bzw. belastete Inflation die Haushalte, also Preissteigerungen (nicht Preisschwankungen!). Diese haben aber nichts mit der Höhe des Bürgergeldes zu tun, sondern vor allem mit gestiegenen Energiepreisen.
Der Arbeitsmarkt ist zudem kein Markt wie jeder andere. Zu bedenken wäre nämlich beispielsweise noch, dass nicht jede:r Bürgergeldbezieher:in für jede freie Stelle infrage kommt (unterschiedliche Qualifikation) Das setzt größeren Anreizen auch Grenzen. Ganz abgesehen davon, dass es auch noch ein grundgesetzlich verbrieftes Recht auf die freie Berufswahl gibt (aber das scheint in der öffentlichen Debatte niemanden groß zu interessieren).
Apropo „unproduktiver Bereich“: was sagen Sie eigentlich zu den vielen Milliardären in diesem Land, die Ihr Vermögen für sich „arbeiten“ lassen und nicht investieren? Da gäbe es ja ungleich größere Summen als beim Bürgergeld zu „heben“, etwa über höhere Steuersätze oder eine effektivere Bekämpfung von Steuerflucht. Mittels dieser Gelder ließen sich ganz tolle Sachen finanzieren. Z.B. eine bessere Kinderbetreuung, sodass man Frauen bessere Erwerbsmöglichkeiten eröffnen kann, um sie indirekt aus dem Bürgergeld „herauszuholen“.
Alles richtig. Für einen naiven und gemeinen „Liberalen“ jedoch zu viel Text und dann auch noch mit Fakten… Schade um die Zeit und Mühe.
Danke! 🙂 Ich befürchte aber, dass er das meiste nicht versteht und den Rest nicht verstehen will.
Thomas,
natürlich lassen sich nicht alle Bürgergeldempfänger über einen Kamm scheren und dass Arbeitsunfähige und Kinder anders zu behandeln sind, ist schon klar.
ABER:
Dennoch sollten Sie die Augen nicht vor der Realitât verschließen.
Suchen Sie einen Bürgeldrechner, geben 2 Erwachsene, 3 Kinder ein, klicken auf „Berechnen“ und reiben sich verwundert die Augen. Da müste der Mann schon mindestens 5500€ brutto verdienen, nur um auf das GLEICHE zu kommen und hat für seine Ackerei und die Fahrkosten noch keinen Euro mehr.
Und jetzt stellen wir uns mal vor, wie das ist, wenn die Eltern keinen Beruf gelernt haben und möglichst 4-5 Bambini im Haus sind.
Ich nehme an, jetzt verstehen Sie meinen Kritikpunkt, ansonsten muss ich Sie für verblendet halten und sehe keinen Sinn in einer Diskussion mit Ihnen. Ich bin dann raus, da ich keinen Bock auf polemisieren habe.
Natürlich nicht.
@Liberaler:
Sie schreiben „natürlich lassen sich nicht alle Bürgergeldempfänger über einen Kamm scheren und dass Arbeitsunfähige und Kinder anders zu behandeln sind, ist schon klar.“
Mit Verlaub, das klingt in Ihren sonstigen Beiträgen aber sehr anders.
Ich glaube, Ihre Aussagen haben mit der Realität wenig zu tun. Ich möchte Ihnen auch gerne näher erläutern, warum ich zu dieser Einschätzung gelange.
Zunächst sind Haushalte, in denen zwei erwerbsfähige Personen mit drei (nicht-erwerbsfähigen) Kindern im kompletten Bürgergeldbezug leben, eher selten. Abgesehen davon, käme dieser Haushalt auch nicht auf 5500 EUR an staatlichen Transferleistungen (auch nicht mit 4-5 Kindern). Auch stehen die gezahlten Bürgergeldleistungen dieses Fünf-Personen-Haushalts nicht nur einer Person in ebendiesem Haushalt zu. Hierfür gibt es zudem ja auch noch Regelungen bzgl. des Lebens in einer Bedarfsgemeinschaft, wodurch die individuellen Regelsätze wiederum sinken, etc.
Leider werfen Sie grobschlächtig alle staatlichen Transferleistungen und staatlichen Kostenübernahmen eines Fünf-Personen-Haushalts im Bürgergeldbezug in einen Topf und kontrastieren das Ganze dann nonchalant mit einem Ein-Personen-Haushalt. Doch das ist – ich hoffe, ich konnte das hinreichend erhellen – leider unredlich.
Interessant ist ohnehin, dass Sie behaupten, ein Fünf-Personen-Haushalt im Bürgergeldbezug läge mit dem, was er an staatlichen Transferleistungen monatlich erhält, weit über dem Durchschnittseinkommen einer Person in der BRD (https://www.handelsblatt.com/unternehmen/aktuelles-durchschnittsgehalt-so-hoch-ist-das-durchschnittsgehalt-in-deutschland/26628226.html).
Insofern kann ich Ihren Kritikpunkt in der Tat nicht nachvollziehen und sehe darin vielmehr Unwissenheit bzw. die Wiedergabe der im öffentlichen Diskurs leider weitverbreiteten Fehlinformationen.
Also wenn das kommt, bin ich gezwungen, meinen kleinen Handwerksbetrieb mit 2 Mitarbeitern zu schließen. Ist ja nur einer weniger 🙁 Wir merken seit einiger Zeit deutlich, dass die Leute ihr Geld zusammenhalten und nur noch das Allernötigste machen lassen. Ich müsste den Stundenlohn in gleicher Höhe nach oben schrauben – das bezahlt keiner mehr.
Es geht ja nicht nur um den eigentlichen Lohn, den gönne ich den Leuten gern, obwohl ja auch für die nicht viel übrig bleibt. Auch der Arbeitgeber hat zusätzliche Lohnnebenkosten. Diese Abgaben sind so unverschämt hoch! Mir würde als Kleinunternehmer eine erneute Lohnerhöhung jedenfalls das Genick brechen.
15€ so ein Blödsinn!!! Das treibt nur die Preisspirale an…. Höhere Löhne… höhere Lohnausgaben für Unternehmen… höhere, steigende Preise für Kunden… bringt nichts außer Geldentwertung….
Rene,
das ist ja der Punkt. Ohne Wirtschafts- und Produktivitätswachstum bringen Lohnerhöhungen gar nichts, denn so steigen auch gleichzeitig die Preise.
„Saalestadt hätte 14,9 Millionen Euro mehr Kaufkraft pro Jahr“
Ja, aber nur nominal, aber nicht real, weil das Ganze nur die Lohn-Preis-Spirale antreibt.
@PaulusHallenser + @Rene:
Die öffentlich vilefach zitierte „Lohn-Preis-Spirale“ ist ein (unterkomplexer) Mythos, der leider auf einer verkürzten betriebswirtschaftlichen Perspektive beruht und Löhne lediglich als Kosten- nicht aber zugleich auch als Nachfragefaktor betrachtet.
Eine an der Inflation orientierten Lohnentwicklung stabilisiert die Nachfrage und damit die Wirtschaft. In den zurückliegenden Jahren, also im Zeitraum von 2020-2023, sanken die Reallöhne infolge der Corona-Pandemie und der energiepreisbedingten Inflation (Gasmangellage infolge des russ. Angriffskrieges). Seit 2023 gibt es wieder einen leichten Reallohnzuwachs, jedoch hat die Kaufkraft nach Einschätzungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) immer noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht (https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/547787/lohnentwicklung-in-deutschland/#node-content-title-0 ; https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Realloehne-Nettoverdienste/Tabellen/liste-reallohnentwicklung.html#134646).
Und ja, die Anhebung des Mindestlohns bringt eine überdurchschnittliche Lohnerhöhung für die betroffenen Berufsgruppen mit sich. Zugleich befinden sich in diesen Lohnsegmenten jene Leute, die ihr überschaubares Einkommen größtenteils für Güter ausgeben, deren Preise in den zurückliegenden Jahren stark gestiegen waren (nämlich Lebensmittel). Unterm Strich ist der tatsächliche Kaufkraftzuwachs durch die Mindestlohnerhöhung für diese Gruppen überschaubar.
Um es nochmal klarzustellen: maßgebliche Ursache für die Inflation in den zurückliegenden Jahren waren nicht Lohnerhöhungen (weder die durch politische Entscheidungen noch jene durch die Tarifpartner audgehandelten), sondern einerseits das Wiederanziehen der Nachfrage nach der Corona-Pandemie und andererseits der unmittelbar darauf folgende Angebotsschock der durch Putin erzeugten Gasmangellage und des dadurch verursachten Energiepreisstiegs.