Zoff um Sportstätten in Halle (Saale): Sportausschuss lehnt Betriebskostenbeteiligung der Vereine einstimmig ab
Es war ein deutliches Zeichen, das am Mittwochabend aus dem halleschen Sportausschuss kam: Mit einstimmiger Ablehnung bei vier Enthaltungen wiesen die Mitglieder die geplante Sportstättenbenutzungssatzung der Stadtverwaltung zurück. Die Vorlage hätte vorgesehen, dass Vereine künftig eine Betriebskostenbeteiligung zahlen müssen – zwei Euro pro Nutzungsstunde ab 2026, mit einem jährlichen Anstieg auf fünf Euro bis 2029. Das Votum ist allerdings nur eine Empfehlung. Die endgültige Entscheidung fällt in zwei Wochen im Stadtrat. Doch das politische Signal ist klar: Die Mehrheit der sportpolitisch Verantwortlichen hält die Pläne der Verwaltung für den falschen Weg.
Die Sorge um den Ruf der Sportstadt
„Wir sind eine Stadt, die durch den Sport einen guten Ruf hat. Den sollten wir nicht aufs Spiel setzen“, mahnte Hardy Gwenuch, Präsident des SV Halle, gleich zu Beginn der Sitzung. Für ihn sind die geplanten Kosten ein Schlag gegen die Vereinslandschaft, die ohnehin stark auf Ehrenamt und Eigeninitiative baut. „Fairness ist das Gebot des Sports“, so Gwenuch. Das Wort Ehrenamt werde in den Vereinen mit Leben gefüllt – und genau das drohe nun beschnitten zu werden. Die Stadtverwaltung hatte im Vorfeld mehrfach betont, dass es keine Kürzungen bei den Sportfördermitteln geben werde. Doch Vertreter der Sportvereine sehen das anders. Carsten Voigt, Geschäftsführer des Stadtsportbundes (SSB), sprach offen von „Augenwischerei“: Zwar bleibe die Förderung auf dem Papier gleich, tatsächlich stünden den Vereinen aber weniger Mittel zur Verfügung, da ein Teil der Gelder über die Betriebskosten an die Stadtkasse zurückfließen müsste.
Zwischen Haushaltspflicht und Vereinswirklichkeit
Das Thema spaltet – nicht nur zwischen Verwaltung und Sport, sondern auch politisch. Andreas Silbersack (FDP) bezeichnete die Situation der Vereine als „angespannt“. Für ihn seien gerade Kinder und Jugendliche das Pfund, mit dem eine Stadt wie Halle wuchern müsse. „Wir müssen einen Spagat hinbekommen“, sagte er, „zwischen Unterstützung der Vereine und der Pflicht, den Haushalt nicht zu blockieren.“ Von der AfD kam der Vorschlag, zumindest Kinder unter zwölf Jahren von der Gebühr auszunehmen. Paul Backmund verwies darauf, dass die Vereine mit ihren Bewegungsangeboten einen wichtigen Beitrag zur kindgerechten Entwicklung leisteten.
Etwas differenzierter äußerte sich Christoph Bergner (CDU). Er zeigte Verständnis für die Notwendigkeit, Einnahmen zu erhöhen, warnte jedoch vor Übertreibung. „Wir können nicht so tun, als hätte die Stadt kein Defizit“, sagte Bergner, doch die geplante Steigerung der Gebühren sei „zu viel“. Statt eines starren Kostenanstiegs plädierte er dafür, zunächst Erfahrungen zu sammeln – und die Auswirkungen einer Beteiligung 2027 zu evaluieren. Außerdem solle der Einstieg in das neue Modell erst Mitte 2026 erfolgen. Bergner erinnerte an die rechtliche Verpflichtung der Stadt, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wer eine Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt anstrebe, müsse Kompromissbereitschaft zeigen – allerdings nicht um jeden Preis.
Suche nach einem tragfähigen Kompromiss
Auch aus den Reihen der Volt / MitBürger-Fraktion kam der Versuch, zwischen Haushaltsrealität und Vereinsinteressen zu vermitteln. Sarah Labusga betonte, der Schritt sei ihrer Fraktion nicht leicht gefallen, doch ganz ohne Beteiligung könne man die Situation nicht lösen. Schließlich gebe es bereits Vereine mit gepachteten Flächen, die Betriebskosten tragen müssten. Zudem seien ähnliche Modelle auch in anderen Städten üblich. Dennoch sprach sich Volt / MitBürger dafür aus, Kinder und Jugendliche kostenfrei zu stellen und die Höhe der Beteiligung insgesamt zu überdenken.
Ganz anders bewertete die Fraktion Hauptsache Halle die Lage. Ihr Vertreter Andreas Wels sah in der geplanten Gebühr ein falsches Signal: Zwar müsse jeder Bereich zum Haushaltsausgleich beitragen, doch „langfristig wird das auf dem Rücken derer ausgetragen, die die Stadt zusammenhalten“. Die Sportvereine, insbesondere im Nachwuchsbereich, seien das Fundament sozialer Bindung. Eine Ausnahmeregelung für Unter-18-Jährige könne daher ein wichtiger Schritt sein.
Einigkeit in der Kritik, Uneinigkeit im Weg
Die Debatte zeigte: Eine Mehrheit im Ausschuss hält die Vorlage der Stadtverwaltung für unausgereift. Wolfgang Aldag (Grüne) forderte, die Vorlage komplett zu vertagen und zunächst das Gespräch mit den Sportvereinen zu suchen. Eine gemeinsame Lösung ab 2027 sei sinnvoller. Fabian Borggrefe (SPD) warnte vor einem hohen Preis bei geringem Nutzen: „Wir richten so viel Schaden an mit so wenig Ertrag“, sagte er. Die Verwaltung selbst mahnte hingegen zur Vorsicht vor zu vielen Ausnahmen. Aurel Siegel, Leiter des Fachbereichs Sport, verwies auf den hohen Verwaltungsaufwand, der entstehe, wenn zwischen Altersgruppen unterschieden werde. Zudem seien bereits 40 Prozent der Vereinsmitglieder unter 18 Jahre alt – die Befreiung dieser Gruppe würde also den finanziellen Effekt der Maßnahme erheblich reduzieren. Die Stadt halte die Beteiligung dennoch für „angemessen“: Bei durchschnittlich 9 bis 10 Euro pro Mitglied und Jahr könne man von einer „zumutbaren Belastung“ sprechen.
Hintergrund: Zwischen Sportförderung und Haushaltszwang
Die Diskussion um die Sportstättenbenutzungssatzung ist kein Einzelfall. Viele Städte in Sachsen-Anhalt stehen vor der Herausforderung, ihre Haushalte zu konsolidieren – und suchen nach neuen Einnahmequellen. Betriebskostenbeteiligungen gelten als vergleichsweise mildes Instrument, um Einsparungen zu erzielen, ohne direkt Fördermittel zu kürzen. Doch in Halle trifft die Maßnahme auf eine besondere Sensibilität: Mit rund 47.000 Mitgliedern in über 200 Sportvereinen ist die Stadt eine Hochburg des Breitensports. Sie profitiert nicht nur von sportlichem Erfolg, sondern auch vom gesellschaftlichen Zusammenhalt, den Vereine schaffen – von Nachwuchsarbeit über Inklusion bis hin zur Integration. Gerade deshalb sehen viele im Ausschuss die Gefahr, dass selbst moderate Gebühren eine Kettenreaktion auslösen: steigende Mitgliedsbeiträge, geringere Teilhabe, Rückgang des Ehrenamts.










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