706 Millionen: Halle hat einen beschlossenen Haushalt

Die Stadt Halle hat einen beschlossenen Haushalt. Der Etat für 2018 wurde mit großer Mehrheit angenommen. Es gab eine Nein-Stimme durch Alexander Raue (AfD) sowie eine Enthaltung durch Gerhard Pitzsch (NPD).
Mehr als 30 Änderungsanträge der Fraktionen liegen vor. Die Fraktionen haben sich aber auf einen Kompromiss geeinigt. Bei vier Enthaltungen von AfD und NPD sowie den parteilosen Räten wurde diesem zugestimmt.
Der Etat hat ein Volumen von 706 Millionen Euro. 156 Millionen Euro davon fließen in den Bereich Jugend, 131 Mio in Soziales, 70 Mio in Bildung, 34 Mio in Sport und Kultur, 155 Mio in Personal und 180 Mio in Sonstiges.
Insgesamt 95 Millionen Euro sollen investiert werden. So fließen 26 Mio Euro in Schulbaumaßnahmen, 32 Mio in Fluthilfemaßnahmen, 9 Mio in die Städtebauförderung, 8 Mio in Straßen sowie 20 Mio in Sonstiges.
Für die Sanierung und Gestaltung von Schulhofaußenanlagen gibt es 300.000 Euro zusätzlich, für Instandhaltungsmaßnahmen in den Schulgebäuden 610.000 Euro zusätzlich. Um die Reinigungsleistungen an städtischen Schulen zu verbessern, fließen 75.000 Euro mehr. Mehr Geld bekommen die Volkshochschule und das Konservatorium, um die Dozenten besser zu bezahlen.
60.000 Euro werden ab 2019 für die Brandschutzerziehung bereitgestellt, damit zwei jeweils 30-Stunden-Kräfte zu finanzieren. Diese sollen offiziell in den Stellenplan der Stadtverwaltung aufgenommen werden. Im kommenden Jahr läuft hierzu noch ein Vertrag mit dem Jobcenter, 10.000 Euro werden bereits für 2018 eingestellt, um einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen.
In der Sportförderung zum Erwerb beweglicher Güter – also beispielsweise von Sportgeräten – wird der Ansatz um 160.000 Euro auf 300.000 Euro erhöht. Für investive Maßnahmen der Vereine gibt es 15.000 Euro mehr, für die Betriebskostenzuschüsse gibt es 50.000 Euro und für Instandhaltungsmaßnahmen 100.000 Euro mehr.
Zum 01.03.2018 soll eine „Fachstelle für Demokratie – gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit“ eingerichtet werden, 40.00 Euro stehen dafür bereit. 50.000 Euro mehr gibt es für die Suchtberatungsstellen.
Der Ansatz für die Pflege von Kunst und Kultur wird um 90.000 € erhöht.
Die Mittel für Gleichstellung von Frau und Mann werden um 7.000 EUR auf insgesamt 72.700 EUR erhöht.
Je 50.000 Euro gibt es zusätzlich für den Ausbau des Angebotes der Neugeborenenbegrüßung, Familiencoaching in Zusammenarbeit mit und für Kindertageseinrichtungen sowie die Elternberatung an Schnittstelle Kita-Schule im Zusammenhang mit Vorschuluntersuchungen.
Für das Tierheim wird der Haushaltsansatz für ordentliche Aufwendungen um 65.000 EUR auf 218.400 EUR erhöht, der Tierschutz-Verein 30.000 Euro und für die Katzenkastration 10.000 Euro. 3.000 € werden zusätzlich für die städtische Förderung von Fassadenbegrünungen bereitgestellt.
Doch vor der Abstimmung stand die Haushaltsreden auf der Tagesordnung.
Los geht es mit Bodo Meerheim (Linke), der auch Vorsitzender der Finanzausschusses ist. Er kritisiert inhaltliche und organisatorische Mängel, wolle aber darauf nicht weiter eingehen. Zumindest eine Haushaltsklausur, wie es in diesem Jahr erstmals geben sollte, sei nicht zielführend. Meerheim wies darauf hin, dass es den Fraktion trotz der zahlreichen Änderungen gelungen sei, den Haushalt wieder auszugleichen. Damit können gerade an die Vereine die Gelder sofort fließen. Er hob hervor, dass Halle Haushalt erstmal ein Volumen von mehr als 700 Millionen Euro habe. Erfreut sei man, dass ein fünfjähriges Dogma falle, keine Kredite aufzunehmen, um Investitionen beispielsweise in Schulen und Straßen zu finanzieren. „Nun gibt es Gott sei Dank eine Kehrtwende.“ Was ihn dazu bewogen habe, darüber könne man spekulieren. „Aber 2019 sind Wahlen. Auch OB-Wahlen.“ Der Haushalt habe viele Hoffnungen und Risiken. Man plane oft mit gleichbleibenden Kosten, das sei mutig. Zudem plane die Stadt mit Einnahme naus Grundstücksverkäufen in Höhe von 14,5 Millionen Euro. Risiken sehe man bei den Gewinnausschüttungen städtischer Unternehmen. Er freue sich zudem über die Errichtung einer Toilettenanlage auf der Ziegelwiese als „Toilettenpolitischer Sprecher unserer Fraktion“, scherzte er.
Johannes Krause (SPD) nannte den gefundenen Kompromiss der Fraktionen eine gute Lösung. Insbesondere bei den Investitionen und Bildung und Sport sei eine sozialdemokratische Handschrift erkennbar. Wiegand sei es oft nicht um die Sache, sondern nur ums Prinzip gegangen. Halle habe eine einzigartige Kulturlandschaft. Dies sei für alle ein Fingerzeig, dass die Kultur erhalten bleiben müsse und auf ein finanziell solides Fundament gestellt werde. Insbesondere bei der TOOH seien aber die Planungen nicht transparent. Er rechnet im kommenden Jahr mit zusätzlichen Ausgaben. Auch Investitionen in Sportvereine seien nötig. 40.000 Menschen seien in solchen Vereinen aktiv. Deshalb sei Geld für die Sanierungen von Sportstätten ein Anliegen gewesen. Auch mehr Geld für den Tierschutz gebe es. Krause kritisierte auch Oberbürgermeister Wiegand. Seine Parteilosigkeit schütze ihn nicht davor, „ein Mindestmaß an Respekt und Anstand im persönlichen Miteinander einzuhalten. Ich habe manchmal den Eindruck, Sie verwechseln die Höflichkeit des Gegenübers mit Schwäche. Manche Angriffe gegen Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und gegen Personen hier im Raum sind eines Oberbürgermeisters nicht würdig“, so Krause. „Unsere Demokratie lebt von Rede und Gegenrede. Sie hingegen sehen in jeder Person, die nicht Ihre Meinung teilt, keinen politischen Gegner, sondern einen persönlichen Feind. Richtiger wäre es, sie würden sich auf die Grundfeste unserer Demokratie besinnen. Ihre Aufgabe ist es diese Stadtgesellschaft zu moderieren, nicht sie zu spalten. Sie sind kein Monarch, der die Stadt regiert, sondern ihr oberster Diener – und wir alle haben die Aufgabe uns für die gedeihliche Entwicklung unserer Stadt einzusetzen.“
Andreas Scholtyssek(CDU) sagte, es sei zwar löblich, den Haushalt rechtzeitig einzubringen. Doch hätten die Unterlagen wieder einmal nicht rechtezeitig zur Sitzung im September vorgelegen. Wiegand habe das grundsätzliche Problem, keine Ratschläge anzunehmen. „Sie wissen es einfach besser. Sie suchen gezielt den Streit.“ Insbesondere bei der TOOH sei die Situation weiterhin brisant. Scholtyssek wies zudem daraufhin, dass der Vermögenshaushalt weiterhin ein Defizit von 7 Millionen Euro aufweise. Zudem sei die Gesamtverschuldung gestiegen, rechne man die Kassenkredite mit ein. „Dieser Anstieg ist besorgniserregend.“ Wiegand solle aufhören mit der Mär der schwarzen Null. Der Kassenkreditrahmen für Halle sei zweimal so hoch wie der von Magdeburg, dies sei dramatisch. So habe beispielsweise Leipzig keine Kassenkredite, obwohl die Stadt auch hoch verschuldet sei. Zudem nehme Halle weniger Pro-Kopf-Steuern ein als im Landesdurchschnitt. Es gebe seit Jahren mehr Gewerbeabmeldungen als Anmeldungen. Zudem kritisierte Scholtyssek, dass es wieder keine Einbringungsrede des OB gegeben habe. Bei den Haushaltsberatungen habe man den Eindruck, der Rat habe ihn so zu beschließen, wie Wiegand ihn einbringe. Schwerpunkte der CDU-FDP-Fraktion seien Kultur, Bildung und Sport. So gebe es mehr Geld für das Stadtmuseum, die Stadtbibliothek, Sportvereine und die Instandsetzung von Schulen. Zudem solle es künftig mehr Streetworker geben. Scholtyssek geht auch noch einmal auf das „Hasi“ in der Hafenstraße ein. Wiegand habe nachträglich ein illegales Projekt legitimiert. „Das ist ein Präzedenzfall mit verheerender Nachwirkung.“ Scholtyssek sprach von einer Ungleichbehandlung von Vereinen. Alle Mieter der HWG hätten mit ihren Mietzahlungen die Herrichtung des Hasi finanziert. Im Hasi würden „klar dem linksextremistischen Spektrum“ zuzuordnende Personen verkehren. Sollte sich der Stadtrat für das Hasi aussprechen, kämen hohe Kosten auf die Stadt zu.
Inés Brock (Grüne) sagte, man habe ihm Haushalt darauf geachtet, dass eine Stadt mit Profil möglich sei. Man wolle Werbung für die Stadt machen. Dazu würden weiche Standortfaktoren wie Kultur und Soziales gehören. Der Haushalt sei ein Gestaltungs- und ein Strategieinstrument. Brock kritisiert auch die recht späte Zurverfügungstellung, die Beratungsdauer sei kurz gewesen. Die Stadtverwaltung habe die Ablehnung von Änderungsanträgen nie fachlich abgelehnt, sondern immer nur mit Blick auf die Deckung. Deshalb sollte man sich künftig bei Anträgen von Deckungsvorschlägen verabschieden und si erst im Kompromissvorschlag darauf verständigen. Das Miteinander mit dem Oberbürgermeister sei schwierig.
Tom Wolter deutete an, er fühle sich mit Blick auf die gehaltenen Reden an, er fühle sich schon fast wie im Wahlkampf. Man könnte sich fast umarmen. „Auch das ist soziale Kompetenz“, so Wolter unter dem Lachen. Er lobte, dass in Halle klar gesagt werde, was man denke, nicht so vergrämt wie in Leipzig, wo er herkomme. Man habe 2017 viel geschaffen, beispielsweise das Steintor. Im Bereich Personal und Ausbildung müsse man schauen, gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel. Zufrieden ist Wolter weiterhin nicht mit dem sogenannten Bürgerhaushalt. Möglich wäre eine Kooperation mit Schulen, um mitdenkende Bürger auszubilden. Problematisch sei, dass das Defizit der TOOH von 2,3 Mio Euro nicht im Haushalt auftauche. Deshalb wisse man nicht, wie eine Gesellschaft unter solchen Bedingungen einen Spielplan aufstellen soll.
Finanzdezernent Egbert Geier beginnt seine Haushaltsrede mit dem Hallenser Georg Cantor, ein leidenschaftlicher Mathematiker und Begründer der Mangenlehre. Geier hib die guten Ausgangsbedingungen vor, beispielsweise in Bezug auf Förderprogramme, Entscheidungen auf Landesebene, Steuereinnahmen und Zinsen für Kredite. Es gebe zwar aktuell viele Grundstücksverkäufe durch die Stadt. Damit finanziere man aber Investitionen, beispielsweise in Kitas und Schulen. Vor Jahren hätten Grundstücksverkäufe der Schuldentilgung gedient. Von der Forderung nach Deckungsvorschlägen, die Grünen hatten die Abschaffung vorgeschlagen, will er nicht abweichen. Dem Änderungspaket der Fraktionen könne man zustimmen. Das Haushalt habe im kommenden Jahr ein Volumen von 706 Millionen Euro. Unter anderem sollen 95 Millionen Euro investiert werden. Die Fraktionen hätten Änderungen in Höhe von 3,6 Millionen Euro eingebracht, dies zeige die engagierte Arbeit. „In Magdeburg waren es 200.000 Euro.“
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