ISEK 2025: Halle überarbeitet seinen Zukunftsplan
Wie soll Halle in der Zukunft aussehen? Wo müssen Häuser abgerissen werden, wo sind Neubauten nötig? Wie sieht es mit der Infrastruktur aus? Mit all diesen Fragen beschäftigt sich das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK). Es soll die „Eckpfeiler“ für die Entwicklung der Stadt Halle (Saale) bis zum Jahr 2025 setzen, eine „positive Vision der mittel- und langfristigen Stadtentwicklung“. Am Donnerstag hat es die Stadtverwaltung erstmals im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert. Und die Zeitschiene ist sportlich, denn schon im Juni soll der Stadtrat das 300 Seiten starke Papier beschließen. Denn aus den Maßgaben des Plans sollen anschließend Fördermittel beantragt werden. Und hierfür läuft die Frist Ende Juni ab, machte Baudezernent Uwe Stäglin deutlich.
Seit langem wurde nach der Auftaktveranstaltung im Jahr 2013 verwaltungsintern am Entwurf gefeilt, es gab Zukunftswerkstätten mit den Hallensern. Und nötig sei es, so Stäglin, unter anderem wegen der positiven Bevölkerungsentwicklung. Das letzte ISEK stammt aus dem Jahr 2007. Damals war noch Dagmar Szabados Oberbürgermeisterin und ganze Plattenbaugebiete sollten verschwinden, schließlich sah die Prognose eine Schrumpfung der Bevölkerung vor, sogar die Straßenbahn in die Silberhöhe wurde in Frage gestellt. Doch nun wächst Halle wieder. Um 2,2 Prozent sei die Bevölkerung in letzter Zeit durch Flüchtlinge gewachsen. „Und wir wissen nicht, wie viele davon bleiben“, so Stäglin. Ende vergangenen Jahres lebten in Halle 17.453 Ausländer, das entspricht einer Quote von 7,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Und die Universität lockt viele Studenten aus den alten Bundesländern an.
Herausforderungen für das ISEK seien die Integration, die demografische Entwicklung, Inklusion, Stadtumbau und bezahlbarer Wohnraum. Die Potentiale der Saale wolle man stärker nutzen, so Stäglin. Und auch das Wachstum einiger Stadtteile und die gleichzeitige Schrumpfung anderer Stadtgebiete wird das ISEK aufgreifen. Silberhöhe, Südstadt, Heide-Nord und Neustadt sind insbesondere vom Bevölkerungsrückgang betroffen. Dagegen wachsen Gebiete wie Heide-Süd und auch die Innenstadt.
„Der Zeitplan ist ambitioniert“, sagte Hendrik Lange (Linke), brachte eine Sondersitzung ins Spiel. Christoph Bernstiel (CDU) nannte den Entwurf eine „gute Arbeitsgrundlage“. Er erkundigte sich zugleich, ob es eine eigene Zukunftswerkstatt zum Verkehr gab. „Verkehr war in allen Zukunftswerkstätten Thema“, so Stäglin, eine separate Veranstaltung habe es aber nicht gegeben. „Der Zeitplan macht mir ein bißchen Angst“, erklärte Bodo Meerheim (Linke). Und das insbesondere, weil er schon mit vielen Änderungsanträgen rechnet. Diese müssten dann alle in den Stadtentwicklungsausschuss. „Wir haben diesen Ausschuss nicht umsonst gegründet.“ Und auch die Hallenser selbst sollen eingebunden werden. Es wird ein großes Bürgerforum und eine Onlineplattform geben.
Das Konzept orientiert sich dabei am Dreiklang aus Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft. Für die Kultur werden die räumliche Ausweitung (Gasometer) und weitere Profilierung der Kulturmeile entlang der Saale sowie Stärkung von Kernelementen (z. B. Gasometer, Saline (Technisches Halloren- und Salinemuseum), Neue Residenz, Moritzburg mit Friedemann-Bach-Platz); die Bereitstellung des Gasometers mit neuem Planetarium und des Areals am Holzplatz für die kulturelle Bildung und die Jugendkultur; die Verstärkung der Kooperation zwischen Händel-Festspielen in Halle und Bachfest in Leipzig als internationale Spitzenereignisse; Weitere Ausgestaltung der kommunalen Unterstützung der freien Szene durch schrittweise deutliche Anhebung der Unterstützung im Kulturhaushalt und Erhalt von Freiräumen für Kreative angegeben. Strategische Ziele in der Wirtschaft sind die Weiterentwicklung einer marktorientierten Gewerbegebietsentwicklung, Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmensansiedlungen (Neuansiedlungen und Start-UpUnternehmen sollen vor allem an den Top Standorten Star Park, Technologiepark weinberg campus und Gewerbegebiet Halle-Ost gefördert und gestärkt werden), Qualifizierung der Bestandspflege von Unternehmen, stärkere Vernetzung von Stadt und Wirtschaft sowie Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Schaffung optimaler Standortbedingungen und die Profilierung mit Schwerpunkten in verschiedenen Branchen wie Biotechnologie, Logistik, Medientechnologie. Weitere Schwerpunkte in der Wirtschaft sind: Weiterentwicklung bzw. Vermarktung des Star Park für großflächige, gewerblich-industrielle Neuansiedlungen, Weiterentwicklung bzw. Revitalisierung von Gewerbebestandsgebieten, z. B. Halle-Ost und Ammendorf, Prüfung und Sicherung von neuen Potenzialflächen für Ansiedlungen von Unternehmen, Erarbeitung einer Strategie zum Ausbau der Kultur- und Kreativwirtschaft (Stärkung der MDRStandorte, Initiative science2media), Vermarktung der weichen Standortfaktoren, wie Bildungsangebote, Grüne Stadt, Familienfreundliche Stadt und historisches Stadtbild, Begleitung des Ausbaus des nationalen Logistikknotens der Deutschen Bahn, Regionale Kooperation bei der Gewerbeflächenentwicklung in der Region Halle/Leipzig im Rahmen der AG „Wirtschaft und Standortentwicklung“ der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland. In der Wissenschaft werden als Leitlinien angegeben: Ausbau der wissenschaftlichen Infrastruktur (z. B. am weinberg campus), Intensivierung der internationalen Anwerbung von Studierenden und Wissenschaftlern, stärkere Ausschöpfung der Potenziale der geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer der Universität (z. B. Gründungsunterstützung im Bereich sozialer Innovationen), Erhalt von bezahlbarem und attraktivem Wohnraum sowie insgesamt eine familien- und studierendenfreundliche Stadtentwicklung als Standortfaktor, Spezifische kulturelle Infrastruktur sowie Räume für die Kreativwirtschaft zur Förderung einer aktiven Beteiligung von Studierenden und Kreativen an der Stadtentwicklung (Freiräume gestalten und leben).
Beim ersten Anlesen des ISEK ist mir unter Vision Wirtschaft sofort aufgefallen, dass eine Förderung der Kooperation mit dem großen Bruder Leipzig mit Schwerpunkt Logistik ausgewiesen ist, das Potential der Kooperation Wissenschaft und Produktion in der Branche Chemie auf der Achse Halle, Buna, Leuna nicht gesehen wird. Liegt es an den Fakten oder können Landrat und OB einfach nicht gut miteinander.
In einem Strategiepapier für die nächsten 10 Jahre sollte man sich bei der Bestandsaufnahme ehrlich machen und auf Träumereien verzichten.
Zitat: „Halle (Saale) ist ein wachsendes Wirtschafts- und Wissenschaftszentrum sowie wichtiges Mitglied der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland, einer der dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas.“
Im direkten Vergleich zu Magdeburg hängt Halle bei dem wichtigen Indikator Gewerbesteuer immer noch um ca. 40% hinter Magdeburg zurück. Es ist auch keine Angleichung der Arbeitslosenquote an den benachbarten Saalekreis zu erkennen. Wo hier die Idee vom wachsenden Wirtschaftszentrum herkommen soll, erschließt sich nicht. 150 Niedriglohnarbeitsplätze im StarPark pro Jahr reichen bei weitem nicht aus. Es sollte also eher, ähnlich wie bei den Einwohnerzahlen, offen von Stagnation gesprochen werden.
Der Themen-übergreifende Ansatz des ISEK ist zu begrüßen. Allerdings sollte das Papier im Hinblick auf Inkonsistenzen nochmals quer gelesen werden.
Thema Mobilität: „Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Hauptstraßennetzes unter Berücksichtigung der Stadtverträglichkeit“
Thema Klimaschutz: „Begrenzung des motorisierten Individualverkehrs durch Ausbau der Mobilitätsalternativen, Rückbau von Verkehrsanlagen, wenn möglich: Bepflanzung frei werdender Verkehrsflächen mit Bäumen“
In ein Strategiepapier hätte ich nicht die konkrete Maßnahme Kongreß-Zentrum ohne Wirtschaftlichkeitsbetrachtung reinschreiben lassen.
Packt den OB sein Unternehmer-Gen, wird er sich auf das ISEK berufen und ohne Rücksicht auf jährlich anfallende Verluste ein zweites MMZ bauen.
Kann man ja nur hoffen, dass man auf dem nächsten Wahlzettel ein Kreuz bei „mirror“ machen kann. Dann wird alles gut oder sogar noch besser…
ISEK – Thema Willkommenskultur und Integration
„Für eine vom demografischen Wandel in den letzten drei Jahrzehnten stark betroffene Stadt ist dies eine große Entwicklungschance. Je besser diese Potenziale genutzt werden können, umso mehr wird sich Halle als Großstadt mit Wachstumschancen etablieren können, da wesentliche Entwicklungshemmnisse aus dem bisherigen Verlauf des demografischen Wandels kompensiert werden können“
Für München und Stuttgart mag das gelten. In einer Stadt mit einer Arbeitslosenquote von 11,2 % ist diese Passage im ISEK natürlich Unsinn. Die Zuwanderung bedeutet zeitversetzt eine Erhöhung der Arbeitslosenquote um 3 Prozentpunkte mit den negativen Wirkungen auf den städtischen Haushalt, Ghettobildung, …