Pilotprojekt: Tablets für Achtklässler an ausgewählten Schulen
Vor einigen Wochen hatte Oberbürgermeister Bernd Wiegand zur Beigeordnetenkonferenz angekündigt, dass er gern alle Schüler mit Tablet-Computern ausrüsten will. Auf Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion hat die Stadtverwaltung nun weitere Details geliefert.
An der Gemeinschaftsschule Kastanienallee, der Sekundarschule Heinrich Heine, der Sekundarschule Johann Christian Reil, der IGS Halle und dem Gymnasium Johann-Gottfried-Herder sollen zunächst die von den 8. Klassen genutzten Unterrichtsräume mit W-LAN ausgestattet und Tablets mit Unterstützung von Sponsoren zur Verfügung gestellt werden. „Die Stadt will mit dem Pilotprojekt zugleich Erfahrungen sammeln, wie solche Unterrichtsmittel in halleschen Schulen implementiert werden können. Daher ist eine jährliche Evaluation der Ergebnisse geplant.“
Langfristiges Ziel sei es, an halleschen Schulen das Lernen mit IT und digitalen Medien systematisch in Lernprozesse zu integrieren, begründet Oberbürgermeister Bernd Wiegand auf SPD-Anfrage seine Idee. „Schülerinnen und Schüler können so Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, um den Herausforderungen in einer von Medien beeinflussten Schul- und Berufswelt gerecht zu werden.“ Die Jugendlichen „sollen in den kommunalen Schulen der Stadt Halle digitale Unterrichtsmedien als Werkzeug zum Lernen erleben. Dabei soll das Lernen voneinander und miteinander gefördert werden.“ Halle als Schulträger schaffe durch eine entsprechende Schulinfrastruktur gute Rahmenbedingungen für die Umsetzung solcher allgemeinen bildungspolitischen Ziele in den Unterricht. Die teilnehmenden Schulen steuern den Einsatz der Geräte. Allen Schulen soll zudem eine sinnvolle und auskömmliche Bandbreite zur Verfügung gestellt werden, die für einen Unterricht mit multimedialen Inhalten benötigt werde. „Mit der zukünftigen Sanierung der Schulen wird auch ein leistungsfähiges Datennetz errichtet. Dieses bildet dann die Grundlage für den LAN- oder WLAN-gestützten Einsatz digitaler Unterrichtsmittel in allen Unterrichtsfächern.“
Doch die SPD rechnet auch die Kosten vor. Bei 23.000 Schülern wären 8 Millionen Euro nötig. Mit Hilfe von Spenden und Sponsoren will die Stadtverwaltung deshalb das Projekt realisieren. Denn die Haushaltsmittel reichen bei Weitem nicht. Im Haushalt 2016 sind laut Stadt für die Verbesserung der IT-Ausstattung 163.800 Euro vorgesehen, für 2017 wurden Maßnahmen im Wert von 156.000 Euro angemeldet. In diesen Kosten sind sowohl mobile Endgeräte enthalten, als auch die Neuausstattung der Grundschule Glaucha, sowie der Ersatz herkömmlicher Technik. Gemeinsam mit der Stadtwerke-Tochter ITC GmbH werde zudem momentan an der Erstellung eines Gesamtkonzeptes „IT macht Schule“ gearbeitet, um die IT-Unterrichtsausstattung insgesamt zu verbessern.
Die Sozialdemokraten fragen auch noch, ob die Tablets möglicherweise Schulbücher ablösen sollen. Laut Wiegand sollen diese die bisherigen Unterrichtsmethoden und -materialien nicht ersetzen. „Sie sind vielmehr ein Unterrichtsmittel, das das Herstellen unterschiedlicher multimedialer Produkte vereinfachen bzw. neue Präsentationsformen und Zugänge ermöglichen soll.“ Tablets könnten zum Recherchieren, Präsentieren, Üben mit Lern-Apps, kreatives Arbeiten und als mobiles Notizbuch genutzt werden. „Inwiefern elektronische Schulbücher zukünftig im Unterricht eingesetzt werden können, soll auch das Pilotprojekt an den Schulen aufzeigen.“ Wiegand erläutert, dass mit dem Kauf der Print-Ausgabe ohne Zusatzkosten auch ein befristetes Nutzungsrecht für die digitale Version verbunden sei. Sie würden zudem Whiteboard-Funktionen ermöglichen. Auf diese Weise könnten Text-Passagen markiert oder bestimmte Bereiche der Seite ausgeschnitten werden, um sie auf den Whiteboards anzuzeigen, also elektronischen Tafeln.
Doch natürlich bleibt es nicht bei den Anschaffungskosten. Hinzu kommen möglicherweise Lizenzgebühren, fürchtet die SPD. „Die meisten Apps für Schulen sind kostenlos und die Lizenz für elektronische Bücher mit dem Printmedium bereits bezahlt“, so Wiegand „Über den Einsatz von Anwendungen, die über die bereitstehenden Programme hinausgehen, entscheiden die Schulen im Rahmen ihres pädagogischen Konzeptes.“
„Mit Hilfe von Spenden und Sponsoren will die Stadtverwaltung deshalb das Projekt realisieren.“
Aha, na klar. Und die Sponsoren machen das aus reiner Nächstenliebe, oder was? Meinungsbeeinflussung durch privatwirtschaftliche Interessen (und genau das wird passieren) hat in einer Bildungseinrichtung nichts zu suchen!
Ich erinnere mich noch, wie an meiner Schule einst ein Projekttag von Coca-Cola unterstützt wurde. Damals habe ich mir dabei nichts besonderes gedacht, aber im Nachhinein betrachtet, ist das ganz schön hinterhältig, wie bereits Kinder zum (Medien-)Konsum erzogen werden sollen.
Ich würde nicht wollen, das mein Kind später mal sagt: „Ich kann mir ein Leben ohne Smartphone/Tablet gar nicht vorstellen.“
Kannst du dir ein Leben ohne Internet vorstellen?
Ja.
Es wäre anders, aber vermutlich nicht schlechter.
Dann tröste dich, dass dein Kind, sofern überhaupt schon vorhanden, auf jeden Fall ein noch größeres Vorstellungsvermögen hat als du.
Ja, wie man anhand der anderen sehen kann, die wie verblödete Schafe den halben Tag auf den Wiesen rumsitzen, schweigend irgendwelche Monster „jagen“ und nichtmal merken, wie sie nur zur Marktforschung und Konsumanalyse benutzt werden, um sie tagtäglich mit noch mehr überflüssiger Information zu indoktrinieren. Die haben wirklich ein enormes Vorstellungsvermögen. Und die sind vor allem sooooo viel schlauer als die armen dummen ohne elektronische Hirnverlagerung.
Damit wollte ich eigentlich ausdrücken, dass sich ein Kind, gerade weil das Vorstellungsvermögen (noch) sehr ausgeprägt ist, sehr wohl ein Leben ohne Smartphone/Tablet vorstellen kann. Eben genauso gut oder wahrscheinlich noch besser, wie du dir ein Leben ohne Internet vorstellen kannst. Von der Adaptionsfähigkeit an ein solches Leben mal ganz abgesehen.
Aber man kann natürlich auch immer alles negativ interpretieren. Diese Eigenschaft unterschätze ich manchmal bei meinen Mitmenschen. Manche lesen eben nur, was und wie es in die eigene kanalisierte Wahrnehmung passt. Da bist du leider nicht allein. Und da ist es auch kein großer Schritt mehr in den Moloch der Verschwörungstheoretiker…
Alles, was ich sehe, ist Ressourcenverschwendung, ohne die es uns nicht schlechter gehen würde.
Man muss nicht alles machen, nur weil’s möglich ist.
Vor allem wäre es angebracht, wenn Schüler erstmal richtig lesen, schreiben und rechnen lernen, da haben mitunter sogar Studenten Defizite.
http://www.geo.de/magazine/geo-magazin/1425-rtkl-lernen-mit-neuen-medien-digital-macht-schlau
Danke, klasse!
Ich glaube, der Artikel enthält wirklich einige Wahrheiten. Natürlich denke ich bei der Erziehung meines Sohnes oft in retro, wie auch schon meine Eltern das bei mir taten. Aber die Wirklichkeit sieht eben anders aus, und davor darf man die Augen nicht verschließen. Und ich bin sicher, man kann sehr wohl alte Werte mit modernen Unterrichtsmethoden verknüpfen. Zumal in dem Artikel wunderbar erklärt wird wie wichtig es ist, endlich anzuerkennen, dass jedes Kind auch im selben Alter auf unterschiedlichem Buildungsniveau steht. Und das ist logisch: schon Kleinkinder können nicht alle am selben Lebenstag laufen. Wir müssen uns wirklich was einfallen lassen, um von der „prähistorischen“ Schulform wegzukommen. Zumal es ein Segen ist, wenn die Kinder, die ja in die Schule müssen!, das auch gerne und mit Freude tun.
Danke für den Artikel.
Ein optimaler Einsatz von iPads erfordert allerdings auch eine Anpassung der Lehrmethoden und Inhalte. Die Zuständigkeit liegt denke ich beim Land. Technik ohne Inhalte war schon immer nutzlos und wird es auch bleiben.
Der zweite Punkt ist natürlich, dass heute fast alle Schüler, auch Kinder von sozial schwächeren Eltern, ein Smartphone haben. Die Technik ist also da, muss nur in die Lernkonzepte integriert werden.
Ich bin eh dafür, die gesamte Beschulungsform zu reformieren. Dass sich das so einige schon wünschen wird klar, wenn man die in den letzten Jahren etablierten Privatschulangebote beschaut. Hier geht es nicht um elitäre Beschulung von Kindern finanziell potententer Eltern sondern um ein Ersuchen nach einer sinnigen Alternative zum Frontalunterricht und Notengebung wie zu Kaisers Zeiten. Dass momentan daran fast nur Kinder finanziell potenter Eltern teilnehmen können ist sehr schade. Liegt aber daran, dass diese Schulformen sich anders finanzieren müssen bzw. die Lernmaterialen mehr Geld kosten. Aber man braucht eigentlich nur in Nordeuropa abgucken. Da gibt`s genug Schulvorbilder. Dänemark z. Bsp. hat auch ein sehr offenes Unterrichten. Und das funktioniert! Denn ich bin sicher, dass jeder Mensch wissbegierig ist und dass das Lernen Freude macht, wenn es endlich moderner gestaltet wird. Auch würde endlich der Leistungsdruck reduziert werden, wenn jeder in seinem Tempo sich Lerninhalte aneignen darf. Wie herrlich, wenn sich keiner mehr defizitär fühlen muss.
Die didaktische Vorgehensweise liegt hoffentlich zum Großteil in der Hand der Lehrer, hier hoffe ich auf einen Ansatzpunkt für Änderung(sbereitschaft).