Seit 1985 an der Seite Sterbender: Die Hospizbewegung Halle feiert ihr Jubiläum
Ein Jubiläum, das berührt und bewegt: Seit nunmehr 40 Jahren begleitet die Hospizbewegung in Halle (Saale) Menschen am Lebensende – und schenkt ihnen, ebenso wie ihren Angehörigen, Nähe, Würde und Zeit. Dieses außergewöhnliche Jubiläum wurde am Sonntagabend mit einem festlichen Programm im Luchs-Kino am Zoo gefeiert. Hospizleiterin Katrin Dietl erinnerte in ihrer Ansprache an die Anfänge der Bewegung, die 1985 durch Pfarrer Heinrich Pera ins Leben gerufen wurde. „Heinrich Pera hat 1985 begonnen aufzubauen, für das wir heute stehen: die Begleitung und den Beistand schwerkranker Menschen am Lebensende und ihrer Angehörigen“, sagte Dietl. Pera, damals Klinikseelsorger am Elisabeth-Krankenhaus, hatte „die Betreuung von Menschen am Lebensende als sehr unzulänglich erlebt“. Mit einer Handvoll Mitstreiter begann er, das aufzubauen, was heute als selbstverständlich gilt: menschliche, würdevolle Begleitung in der letzten Lebensphase. „Wir sagen heute: das waren unsere ersten Ehrenamtlichen“, so Dietl.

Vom kleinen Kreis zur festen Institution
Was 1985 als zartes Pflänzchen begann, ist heute eine fest verankerte Einrichtung in der Stadtgesellschaft. Über 100 Ehrenamtliche engagieren sich derzeit im ambulanten Hospizdienst. Hinzu kommen der ambulante Kinderhospizdienst sowie das stationäre Hospiz mit zwölf Betten in der Kiewer Straße. Doch das Engagement geht weit über die Begleitung Sterbender hinaus. Es gibt Angebote für Trauernde, Bildungsforen und Fortbildungen, die das Thema Sterben, Tod und Trauer in die Mitte der Gesellschaft tragen. „Das Hospiz Halle ist also heute ein Ort des Lebens und des Sterbens. Es ist ein Ort der Begegnung und es ist ein Lernort für Menschen, die Interesse haben, sich dem Thema Sterben, Tod und Trauer im geschützten Bereich zu nähern“, fasst Dietl zusammen. Die Hospizleiterin betonte auch, wie eng die Arbeit zwischen hauptamtlichen und freiwilligen Kräften verzahnt ist. „Unsere Arbeit ist und bleibt ein Zusammenspiel von vielen Beteiligten“, sagte sie. Dass die Hospizbewegung in Halle für diese Arbeit inzwischen breite Anerkennung erfährt, erfüllt sie mit Dankbarkeit. Besonders stolz ist man auf den Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“, der in diesem Jahr an die Ehrenamtlichen des Hospizes ging. Die kleine Bronzefigur hat inzwischen ihren Platz im Gebäude in der Kiewer Straße gefunden – ein Symbol für das Engagement, das hier täglich gelebt wird. Die Ehrung beinhaltet außerdem eine Patenschaft durch die Stadtwerke Halle, die das Hospiz ein Jahr lang unterstützen.

Ein Thema, das in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist
Dass die Hospizbewegung heute als selbstverständlicher Teil sozialer Fürsorge wahrgenommen wird, ist auch Ergebnis eines gesellschaftlichen Wandels – und einer kontinuierlichen Öffnung des Themas Tod. Katharina Brederlow, Sozialdezernentin der Stadt Halle, begleitet die Arbeit des Hospizes seit fast zehn Jahren. Sie sieht darin einen wichtigen Beitrag zur Menschlichkeit in der Stadtgesellschaft. „Durch das Hospiz ist das Thema Tod und Trauer mehr in die Gesellschaft hineingekommen“, sagte sie beim Jubiläum. Der Sozialausschuss der Stadt habe das Hospiz bereits besucht und dabei auch Gespräche mit Bewohnerinnen geführt. „Das war wirklich beeindruckend zu sehen, wie wichtig dieser Ort für Menschen am Lebensende tatsächlich ist.“ Eine Frau habe trotz ihrer Situation Optimismus ausgestrahlt – eine Begegnung, die auch den Kommunalpolitikern lange im Gedächtnis blieb. Viele Vereine und Initiativen in Halle feiern derzeit ihr 35-jähriges Bestehen – ihre Wurzeln liegen meist in der Zeit nach der Wende. Das Hospiz kann dagegen auf eine längere Geschichte zurückblicken: Es entstand schon zu DDR-Zeiten. „Heinrich Pera hat einen sehr, sehr wichtigen Schritt getan, Interessierte um sich herum gesammelt, die sich mit diesem Thema befasst haben“, würdigte Brederlow. Mit Blick auf den demografischen Wandel und die zunehmende Zahl älterer Menschen betonte sie, wie bedeutend Hospizarbeit künftig sein werde. „Angesichts des demografischen Wandels – mit immer mehr älteren Menschen – wird das Thema Hospiz in Zukunft noch wichtiger“, sagte die Sozialdezernentin.
Von der Taubenstraße zur Kiewer Straße – ein Haus mit Geschichte
Die Geschichte des Hospizes in Halle ist zugleich ein Stück Stadtgeschichte. 1985 gründete Heinrich Pera den ambulanten Hospizdienst – zu einer Zeit, in der Sterbebegleitung in der DDR kaum Thema war. 1993, nur wenige Jahre nach der Wiedervereinigung, wurde in Halle das erste Tageshospiz Deutschlands eröffnet – damals noch im Elisabeth-Krankenhaus in der Taubenstraße. Seit 2011 trägt die Straße, in der alles begann, den Namen ihres Pioniers: Heinrich-Pera-Straße. Ein Zeichen dafür, wie tief sein Engagement in der Stadt verankert ist. Heute befindet sich das Hospiz in einem modernen Neubau in der Kiewer Straße, der vor zwei Jahren eingeweiht und von Bischof Gerhard Feige gesegnet wurde. Das Gebäude bietet nicht nur Raum für die stationäre Hospizarbeit, sondern auch für Begegnung, Bildung und Austausch. Am Samstag vor dem Jubiläumsabend waren Interessierte eingeladen, sich die neuen Räumlichkeiten anzuschauen, mit Mitarbeitenden ins Gespräch zu kommen und sich ein Bild davon zu machen, wie hier ein würdevolles Sterben ermöglicht wird.

Musikalischer Ausklang und stille Dankbarkeit
Nach den offiziellen Reden im Luchs-Kino folgte ein besonderes kulturelles Highlight: der Künstler Stefan Weiller präsentierte sein Programm „Letzte Lieder“, begleitet vom Projektchor cantus vitae. Es war ein berührender Abschluss des Jubiläumsabends – eine musikalische Hommage an das Leben, die Liebe und das Loslassen. Zudem gab es noch eine finanzielle Unterstützung durch Halles Hotel-Legende Bertram Thieme, der ehemalige Chef des Dorint-Hotels Charlottenhof ist mittlerweile auch Schirmherr des Hospizes und überbrachte einen Spendenscheck von 2.000 Euro.
In einer Zeit, in der der Tod oft verdrängt wird, hat die Hospizbewegung in Halle (Saale) über vier Jahrzehnte hinweg etwas Bleibendes geschaffen: einen Ort, an dem Menschen am Ende ihres Lebens nicht allein sind. Einen Ort, an dem Ehrenamtliche, Pflegekräfte, Seelsorger und Angehörige gemeinsam dafür sorgen, dass Würde und Menschlichkeit auch in den schwersten Momenten bewahrt bleiben. Das Jubiläum war deshalb weit mehr als eine Feier – es war ein stilles, aber starkes Zeichen für gelebte Solidarität, für den Mut, über das Ende zu sprechen, und für den Glauben daran, dass Sterben immer auch Leben ist.











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