Kommentar: Kürzungen im ÖPNV in Halle (Saale) – falscher Kurs zur falschen Zeit
Der drohende Sparkurs bei Hallesche Verkehrs‑AG (HAVAG) – etwa Linienstreichungen, Taktverdünnungen, weniger Reinigung und Sicherheit – ist ein alarmierendes Zeichen: In einer Zeit, in der die Fahrgastzahlen steigen und das Verkehrsnetz dringend handlungsfähig bleiben muss, wird das Rückgrat der Mobilität geschwächt. (Mehr dazu im unten verlinkten Artikel)
Angebot und Nachfrage im Widerspruch
Dass ausgerechnet jetzt gekürzt wird, ist kaum nachvollziehbar: Der ÖPNV dient zunehmend nicht mehr nur der Freizeit- oder Stadtteilerschließung, sondern der Versorgung in den Hauptverkehrszeiten – für Pendlerinnen und Pendler, deren Arbeitszeit oft nicht mehr vom klassischen 9-17-Takt bedient wird. Gerade Randlagen und Tagesrandzeiten gewinnen an Bedeutung – doch dort soll gespart werden. Wenn Linien später enden oder zu großen Lücken im Takt führen, ist das keine Effizienz, sondern ein Signal: Der ÖPNV existiert nur noch als Notversorgung.
Gleichzeitig schleichen die Kosten – Energie, Personal, Infrastruktur – in schwindelerregende Höhen. In Dresden heißt es beispielsweise: „steigende Betriebskosten, stagnierende Einnahmen und eine unzureichende finanzielle Ausstattung“ machen Kürzungen „zunehmend schwierig“. Und dennoch sollen Leistungen wegfallen, bis zu jede zehnte Fahrt ist in Dresden betroffen. Auch überregional heißt es: „Trotz höherer Fahrpreise: ÖPNV-Service wohl bald vielerorts eingeschränkt.“
Strukturprobleme werden verschärft
Dass Kostendruck zu Einsparungen führt, ist verständlich – aber Sinn würde das nur machen, wenn gleichzeitig die Nachfrage schrumpfte oder das Angebot überdimensioniert wäre. Beides trifft hier nicht zu. Im Gegenteil: Mehr Fahrgäste nutzen das System. Und: Straßen- und Brückensanierungen sowie der generelle Verkehrsumbau führen ohnehin zu spürbaren Einschränkungen im Individualverkehr – warum also beim ÖPNV sparen? Die Kürzungen senden das falsche Signal: Mobilität wird ausgedünnt, gerade dort, wo sie am notwendigsten ist. Tagesrandlagen, Pendelzeiten, Randgebiete – all das wird zunehmend unterversorgt. Und das in einer Zeit, in der der Druck steigt, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren.
Andere Kommunen als Warnsignal
Dass Kommunen und Landkreise fast bundesweit von Kürzungen sprechen, zeigt: Es handelt sich nicht um ein lokales Phänomen, sondern um eine Systemkrise: In Niedersachsen – speziell im ländlichen Raum – sind Kürzungen geprüft, weil „die finanziellen Mittel fehlen“. Im Regionalverband Großraum Braunschweig wurden Einsparungen angedacht – eine Ausweitung des Angebots war bei den Kostensteigerungen kaum möglich. Auch in Schleswig-Holstein sind bereits Verbindungen in Randzeiten und am Wochenende gestrichen, u. a. weil Kosten- und Personalsituation angespannt ist. Das sind keine Einzelfälle – überall dort, wo das Geld knapp wird, droht das Ausdünnen des Netzes. Und das in einem Moment, in dem gerade die Verdichtung des Angebots nötig wäre. In Großstädten wie Hamburg wird der Takt sogar verdichtet – man setzt auf Ausbau statt auf Rückzug.
Widerspruch mit Infrastruktur- und Klimazielen
Wenn gleichzeitig neue Straßenbahnen, neue Infrastrukturprojekte und Sanierungen von Brücken sowie Hauptverkehrsachsen angekündigt werden — wie in Halle schon sichtbar („Kein Geld, aber neue Bahnen für 130 Mio.“) — wirkt es paradox, beim Betrieb des ÖPNV einzusparen. Für Pendlerinnen und Pendler bedeutet das: Sie zahlen mit Zeit, Bequemlichkeit und womöglich Geld (wenn das Auto wieder das sicherere Ausweich-Gefährt wird). Und für die Stadtgesellschaft bedeutet es: Die Verkehrswende bleibt ein Lippenbekenntnis, wenn im selben Atemzug das Rückgrat der ÖPNV-Mobilität gekappt wird.
Einsparungen im ÖPNV zur Haushaltssanierung sind kurzsichtig. Sie verschieben Belastungen auf die Nutzer:innen und untergraben langfristige Ziele – Klimaschutz, Mobilitätswende, soziale Teilhabe. Wenn das Angebot schrumpft, fährt eben nicht automatisch das Auto weniger, sondern: erst das System, dann das Vertrauen, dann die Inanspruchnahme — und am Ende steht ein Rückfall in die Verkehrsexplosion mit vielen Autos, Stau und Umweltbelastung. Wenn wir ernst nehmen wollen, dass der ÖPNV Teil der Daseinsvorsorge ist – wie z. B. in Dresden formuliert: «ÖPNV ist kein Luxus» – dann sind Kürzungen heute ein Schritt in die falsche Richtung. Die Entscheidungsträger in Halle und anderswo müssen sich ernsthaft fragen: Wollen wir leistungsfähigen ÖPNV abbauen – oder wollen wir ihn nutzen, um Mobilität zukunftssicher, umweltverträglich und sozial gerecht zu gestalten? Die Antwort sollte klar sein – doch das Handeln sagt etwas anderes.










Wenn die Kürzungen klar Fahrten betreffen würden, die durchgängig kaum bis gar nicht genutzte Fahrten betreffen würden, wäre das sogar sinnvoll. ÖPNV als Daseinsfürsorge heißt ja nicht, dass man ohne besonderen Grund leere Busse und Bahnen durch die Stadt schicken soll. Allerdings sind unter der Woche die Straßenbahnen in Neustadt bereits sehr stark ausgelastet, so dass dort eine vierte Linie tagsüber notwendig ist.
Die HAVAG wird gerne von Seiten der SPD mit neuen Aufgaben bedacht: „Musikalische Unterhaltung an den Straßenbahnhaltestellen“, „klassische Musik in den Straßenbahnen als Kulturbahn“ und was die Sozis sich sonst noch ausdenken. Davon lassen die einfach nicht ab. Frau Prof. Dr. Fuhrmann ist ganz wild auf diese Projekte, auch wenn die schon mehrfach auf Ablehnung gestoßen sind, versuchen die Sozis das immer wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Die HAVAG hat einen Auftrag: Menschen von A nach B zu bringen! Sie ist nicht für die Unterhaltung der Fahrgäste zuständig und die HAVAH muss auch nicht jeden Mist sponsern. Wenn die HAVAG nicht fahren kann, da irgendwelche Kasper den Marktplatz belagern, dann müssen diese Kosten den Blockierern auferlegt werden. Beispiel Lichterfest, dann muss eben die Citygemeinschaft, stellvertretend die tolle Frau Gringer dafür aufkommen und das Ausfallgeld der HAVAG bezahlen, bei den Freitagsdemos und den Montagsdemos wird genauso gehandhabt. Ruckzuck haben wir einen freien Marktplatz und die ganzen Demos, Feten, Feste finden im Fußballstadions statt, denn der HFC ist ein derart großes Stadion nicht würdig.
Dein Frust hilft da auch nicht weiter.
Aber jedes Jahr ab August die Preise erhöhen
Der Kommentator hat einen wichtigen Teil bei seiner Betrachtung vergessen.
https://www.deutschebahn.com/resource/blob/13377038/fe922ea7d79d1551d5236e4ac6e1cd6d/Studie-MCube-Nahverkehr-data.pdf
Mal wieder ein Kommentar von Thomas Meyer, der sich gegen Sparmaßnahmen ausspricht. Er erklärt immer, wo nicht gespart werden dürfe, nennt dabei aber keine Sparalternativen. So ähnlich läuft es leider auch in großen Teilen in der halleschen Stadtpolitik.
„Und das in einer Zeit, in der der Druck steigt, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren.“
Dieser vermeintliche Druck stammt nur von einer lautstarken Minderheit, die Mehrheit sieht das deutlich anders (Beispiel: Abstimmung über die autofreie Altstadt).
In weiten Teilen der Stadt herrscht selbst Wochentags ein Betrieb wie anderswo an Feiertagen. Ein Betrieb nach 21 Uhr ist quasi nicht existent. Die Fahrzeuge sind veraltet und im Sommer kaum auszuhalten. Ständig kommt es zu Ausfällen, SEV und Umleitungen. Und für den Online – Service würden Verantwortliche anderswo kollektiv Harakiri begehen. Rollstuhlgerechte Wägen und WLAN betrachtet das Unternehmen offenbar als lächerlichen Luxus. Am schwersten aber wiegt, dass die Havag ihre Kunden eher als lästiges Beiwerk betrachtet: Das Personal ist dermaßen unfreundlich, dass es selbst Berlinern die Schamesröte ins Gesicht treibt.
Von daher hat die Havag eigentlich nichts zu verlieren und die Hallenser wollen es wohl auch nicht anders.
Es betrifft hauptsächlich Radler und das ist gut so!