Studie der Uni Halle: Honigbienen fliegen auf Biolandwirtschaft

Öko-Landwirtschaft und Blühstreifen befördern die Gesundheit von Honigbienen. In deren Nähe wachsen die Völker stärker und sind insgesamt gesünder. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie ein vielfältiges Nahrungsangebot haben und weniger durch Pestizide belastet sind. Das zeigt eine neue Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität Göttingen im „Journal of Applied Ecology“. Das Team wertete Daten von 32 Bienenvölkern an 16 Standorten in Niedersachsen mit verschiedenen Anteilen an Biofeldern, Blühstreifen und naturnahen Landschaften aus.
Etwa die Hälfte der Fläche Deutschlands wird laut Umweltbundesamt landwirtschaftlich genutzt. „Wie Bäuerinnen und Bauern ihr Land bewirtschaften, hat einen großen Einfluss auf die Natur: Intensiv genutzte Äcker, Pflanzenschutzmittel und Monokulturen stellen eine Bedrohung für viele Tier- und Pflanzenarten dar. Das gilt besonders für Bestäuber, zu denen Honigbienen gehören“, sagt der Bienenforscher Prof. Dr. Robert Paxton von der MLU.
Um dem entgegenzuwirken, werden bestimmte Maßnahmen empfohlen: den Anteil der ökologischen Landwirtschaft steigern, mehr Blühstreifen pflanzen und naturnahe Landschaften in der Nähe von Äckern einrichten. „In der Theorie sind diese Maßnahmen alle sinnvoll. Allerdings wissen wir wenig darüber, wie sie sich im Einzelnen auf Insekten, speziell Honigbienen, auswirken“, sagt Paxton weiter.
Deshalb führte das Team aus Halle und Göttingen eine Studie an 16 Standorten in Niedersachsen durch. Jeder davon unterschied sich von den anderen mit Blick auf den Anteil an Biofeldern, Blühstreifen und naturnahen Flächen. An allen Standorten platzierten die Forschenden Honigbienenvölker, die sie für etwa ein Jahr beobachteten. Sie analysierten zum Beispiel das Wachstum der Kolonien und den Befall durch Parasiten. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Varroa-Milbe, die zu den gefährlichsten Honigbienenschädlingen gehört und für Bienen tödliche Viren übertragen kann.
Anschließend wurden die Daten der Bienenvölker miteinander verglichen. „Den größten Effekt hatte die Biolandwirtschaft: Je größer diese Flächenanteile waren, desto geringer war die Belastung durch Parasiten. Deshalb konnten die Völker besser wachsen“, sagt die Erstautorin der Studie Patrycja Pluta von der MLU. Ein Grund dafür könnte sein, dass im Ökolandbau weniger Pestizide und dafür andere Maßnahmen für den Pflanzenschutz zum Einsatz kommen. Auch Blühstreifen hatten für die Honigbienen Vorteile: Die Zahl der Varroa-Milben in Gebieten mit vielen Blühstreifen war geringer. „Das könnte daran liegen, dass ein vielfältiges und reichhaltiges Nahrungsangebot das Immunsystem der Honigbienen stärkt“, sagt Pluta.
Mehrjährige naturnahe Lebensräume hatten dagegen, zumindest für Honigbienen, eher Nachteile: Größere Flächenanteile bedeuteten in der Regel einen größeren Befall mit Varroa-Milben. Und die Flächen sind anders als Blühstreifen nicht darauf ausgelegt, kontinuierliche Nahrungsangebote für Honigbienen und andere Bestäuber zu liefern. „Naturnahe Flächen sind trotzdem ein wichtiges Instrument, um die Artenvielfalt zu fördern, und sie dienen vielen Tieren als Lebensraum. Nur im Fall der Honigbienen ist es eben anders“, so Paxton. Die Erkenntnisse der Studie könnten helfen, das Landschaftsmanagement noch besser auf Bienen und andere Bestäuber auszulegen.
Die Studie wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Studie: Pluta P. et al. Organic farming and annual flower strips reduce parasite prevalence in honey bees and boost colony growth in agricultural landscapes. Journal of Applied Ecology (2024). doi: 10.1111/1365-2664.14723
Danke für den Direktlink zur Studie! 🙂
Die Studie ist natürlich gut gemeint und macht auch Sinn, was aber nicht optimal ist, ist die einseitige Betrachtung von „Blühstreifen“.
„Blühstreifen“ kommen in einer naturbelassenen Landschaft nur punktuell in Form kleiner, quadratmetergrosser Gebiete vor. Der Rest wuchert zu.
Wichtig wäre also, auch/ergänzend die (pflegeleichten) Bäume zu betrachten, die ebenfalls eine Bienen- und Schmetterlingsweide sind. Und das ist eben nicht nur die riesige Linde, dazu gehören auch Feldahorn, die verschiedenen Mehlbeeren, Schlehe, Wildapfel, Wildbirne, Wildkirsche, Vogelbeeren, Speierling, Elsbeere, Weissdorn und viele mehr.
Das sind dann nicht „nur“ Bienenweiden, sondern auch Futterquellen für Schmetterlinge und verschiedene andere Tierarten, dazu sind es auch Nistplätze.
Und sie müssen – einmal angepflanzt – nicht mehr so intensiv bewirtschaftet werden, wie eine reine Blühwiese.
Sieht vielleicht nicht so schick aus, wie eine Blüheiese, ist aber leichter anzulegen und in Summa für die Natur wertvoller.
Nichts für ungut. 👍
Danke dür den Beitrag, der eher als Ergänzung zu verstehen ist.
Schade, dass die industrielle Landwirtschaft und entsprechende Parteien nicht mitziehen wollen oder können, die aggresive Lobbyarbeit des sogenannten Bauernverbandes als Sprachrohr der Chemiekonzerne macht die Lage so dramatisch, sind doch über 75 % der gesamten Insekten in den letzten 40 Jahren verschwunden, verursacht hauptsächlich durch Pestizide. Eine komplette Neuausrichtung der Landwirtschaftist also dringend nötig, um einen ökologischen Kollaps noch zu verhindern.
Sie sollten das mit der 75% Aussage nochmals überprüfen. Die Studie auf die sie sich beziehen war mit der Auswahl veröffentlichten Daten nicht die objektivste.