Kampfstofffabrik der Nazis in Ammendorf: Umweltausschuss diskutiert mal wieder über das ORGACID-Gelände – Antrag vertagt

Was schlummert im Boden unter Halle-Ammendorf? So recht weiß es niemand. Doch allen in klar: der Boden an der ehemaligen Kampfstofffabrik der Nationalsozialisten, ORGACID ist versucht. Eine Bürgerinitiative kämpft seit langem um Aufklärung. Am Donnerstag war das Gelände mal wieder Thema die CDU hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Stadt solle Untersuchungen an den Produktionsstätten durchführen, um zu einer abschließenden Bewertung der Schadstoffbelastungen zu kommen und um diese auf dem Gelände einzugrenzen, heißt es im Antrag. Auch die Bildung eines Fachgremiums wird gefordert. Der Antrag wurde aber zunächst auf die Aprilsitzung vertagt.
Zuvor wurde aber noch diskutiert. Das ging schon in der Einwohnerfragestunde los. Vertreter der Bürgerinitiative hatten sich zu Wort gemeldet. Johannes streckenbach wollte unter anderem wissen, wie die Stadtverwaltung mit der Stellungnahme des Landtags-Umweltausschusses umgeht. Die werde begrüßt, meinte Simon Kuchta, Leiter des Fachbereichs Umwelt in der Stadtverwaltung. Diese bestätige das Vorgehen der Stadtverwaltung. Allerdings übte Erich Gadde Kritik am städtischen Auftreten im Landtag. Da sei beispielsweise erklärt worden, man könne den Kanal nicht beproben, weil diese unter Wasser stehe. Und im Gegensatz zur Stadt verfüge man auch über eine Liste der potenziell Geschädigten “weil wir fest davon ausgehen, dass die Krankheiten von dort kommen”, meinte Gadde. Immerhin geht es aber beim Thema Grundwassermessstellen voran. Die Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH (MDSE) richtet derzeit zwei ein, die Stadt wird bis spätestens Sommer auch eine Station einrichten, sagte Simon Kuchta.
“Das Thema beschäftigt schon mehrere Generationen von Stadträten”, sagte CDU-Stadt Hans-Joachim Berkes. Er selbst habe eine Karte von 1942 sehen können, dort seien alle Leitungen vermerkt. Im Gegensatz zur Stadtverwaltung sehe man die Forderungen im Antrag nicht als freiwillige Leistung. Ziel des Antrags sei es, “in absehbarer Zeit zu einem Ergebnis zu kommen. Wir wollten keine endlose Geschichte daraus machen. Uns ist es wichtig, voran zu kommen.”
Zum Thema Fachgremium sagte Simon Kuchta, hier sollten keinesfalls Grundstückseigentümer mit aufgenommen werden. Denn diese haben sicherlich andere Interessen als die Stadt. Das sieht auch Marion Krischok (Linke) so. Zumal ja beim Thema Befangenheit schon bei viel kleineren Fällen die Schulleiter nicht abstimmen dürfen.
Auch klar ist: das Land ist einer der rund zehn Grundstückseigentümer (Einer davon ist unbekannt). Das Land muss also ebenfalls für Sanierungskosten aufkommen. Und diese Konstellation sieht Alexander Raue (AfD) als Grund, warum es nicht so recht voran geht. Das Land habe offenbar kein zu dolles Interesse daran, dass die Sache voran geht. Möglicherweise gebe es dort ja die Hoffnung, dass sich die Probleme über die Zeit von allein lösen.
Unterdessen lädt die Bürgerinitiative Anwohner wieder zu einer Informationsveranstaltung ein. Diese findet am 16. April um 11 Uhr in der Camillo-Irmscher-Straße an der ORGACID-Infotafel statt.
ja nur ältere Bürger, wo sind die jungen Umweltschützer, wo sind die Grünen, da trauen sie sich nicht hin, lieber Demos in der Stadt und Chaos verbreiten
Lasst doch endlich die Nazis ruhen.
Scheachsinnige Aussage
@Hazel ,, Scheachsinnige Aussage “
O,weh…die Schnappatmung wieder.
„Die werde begrüßt, meinte Simon Kuchta,“
Na super und das ist alles?
Ich habe 20 Jahre im Ammendorfer Plastwerk gearbeitet und freue mich über die Initiativen der aktiven Umweltschützer, voran Erich Gadde.
Man weiß nicht, was da überhaupt ist, aber man weiß, dass es verseucht ist?
Senfgas und all seine Abbau und Nebenprodukte nach nun ca. 80 Jahren. Das verseuchte Grundwasser gibt doch einen recht guten Aufschluss darüber.
Nochmal ein kurzer Abriss. Senfgasfabrik. Oberirdisch Demontage durch Sowjets. Versuchte Sprengung der unterirdischen Anlagen (Zisternen) erfolglos. Fehlende Konstruktionspläne. Zugänge wurden zugemauert. In der DDR war das Gelände bewacht und durte nicht betreten werden.
In einer Suchmaschine „Spiegel Orgacid Halle“ eingeben. Dort gibt es einen Artikel vom Januar 1995 darüber.
Wieso konnte die Stadt das Gelände überhaupt Mitte der 2000er an Disco- und Proberaumbetreiber vermieten, wenn bekannt war, dass das Areal belastet ist?
Eins ist sicher. Bevor das Areal vermietet wurde, gab es keine gewissenhafte Begehung durch die Stadt. Ansonsten wären denen vlt. zumindest ein verschlossener DDR-Metallschrank aufgefallen, welcher voll war mit originalverpackten radioaktiven RFT Ionisationsmeldern.
„Das verseuchte Grundwasser gibt doch einen recht guten Aufschluss darüber.“
Haben Sie dazu eine passende Quelle? Ich verfolge die Berichterstattung über die ORGACID-Fabrik in der MZ. Von verseuchtem Grundwasser wurde dort nie direkt geschrieben.
Eine Grundwasseranalyse würde in der Tat Aufschluss darüber geben, ob dort noch Gefahrenstoffe vorhanden sind oder nicht. Bisher beruht eigentlich alles nur auf Mutmaßungen.
Das steht in dem Spiegel Artikel von 1995. Ob in der Freiheit zu DDR-Zeiten darüber berichtet wurde entzieht sich meiner Kenntnis.
„So pumpten DDR-Techniker auch später immer wieder Rückstände hoch, 1953 und 1954 beispielsweise 66,5 Tonnen reinen Kampfstoffs, einer Verbindung aus Chlor, Schwefel und dem Kunststoffvorprodukt Ethylen, sowie 900 Kubikmeter lostverseuchtes Grundwasser. Und selbst 1990 wurden noch an die 30 Tonnen Giftreste hochgespült. Längst hatte sich das Zeug mit im Untergrund zirkulierenden Wasservorräten vermischt.“
Quelle: https://www.spiegel.de/politik/gras-drueber-a-962f767d-0002-0001-0000-000009157728