Umweltschützer fordern naturnahe Entwicklung von Reide und Rieda

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) fordert eine naturnahere Entwicklung der Reide. Dies fordere man als Ergebnis einer kürzlich stattgefundenen Begehung.
Als einen ersten Schritt in die Richtung sei in der Verbesserung der Wasserqualität seit Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu sehen. Zudem habe die Reide durch ihre sich immer weiter entwickelnde Fließgewässerstruktur, hervorgerufen durch im Gewässer vorhandene Holz- und Steinbarrieren, wechselnde Schlamm- und Kiesbereiche, an ökologischer Bedeutung und Vielfalt zugenommen. So beginne das Fließgewässer verstärkt zu mäandrieren, es entstehen laut AHA gewässerbegleitende Gehölz- und Krautbestände sowie unterschiedlich schnell strömende Gewässerabschnitte. Mit den schnellfließenden Bereichen sei der lebensnotwendige Eintrag von Sauerstoff verbunden.
Die Reide bilde zudem ein sehr wichtiges Rückgrat für einen sehr wichtigen und entwicklungsfähigen Biotop- und Grünverbundraum zwischen dem Naturschutzgebiet Saale-Elster-Luppe-Aue, dem Landschaftsschutzgebiet Dieskauer Park und zum Sagisdorfer Park sowie über die Zuflüsse und Mündungsbereiche zur Kabelske, Diemitzer Graben und zum Hufeisensee. Weitläufiger betrachtet gelte es laut AHA diesen Biotop- und Grünverbundraum über die nach Norden abfließende Rieda einschließlich des Parks in Ostrau und des flächenhaften Naturdenkmals bei Werderthau bis zur Fuhneaue zu schützen, zu erhalten sowie sukzessiv räumlich auszuweiten. Hier tragen nach Meinung des AHA insbesondere die Stadt Halle (Saale) sowie die Landkreise Saalekreis und Anhalt-Bitterfeld, aber auch die Städte Landsberg und Zörbig sowie die Gemeinden Kabelsketal und Petersberg eine besondere und große Verantwortung.
In dem Blickfeld betrachtet sieht der AHA nicht nur den Schutz, Erhalt und die behutsame Betreuung bestehender Inseln und Streifen von Gehölzen, Wiesen- und Hochstaudenflächen sowie Feuchtgebieten als dringend erforderlich an, sondern auch die dringende Notwendigkeit diese räumliche Vernetzung entlang des gesamten Gebietes von Reide und Rieda vorzunehmen.
Im Ergebnis der AHA-Begehung am 09.04.2016 könnte ein Beitrag zum Beispiel in der Stadt Halle (Saale) die beidseitige Bepflanzung des in Halle-Schonnewitz, ca. 1 km langen und zwischen Zwintschönaer Straße und Delitzscher Straße verlaufenden Feldwegs Laukenweg mit Obstbäumen sein. Bei einem Pflanzabstand von 10 m könnten beidseitig insgesamt ca. 200 Obstbäume aller Arten und Sorten einen Standort erhalten. Diese Pflanzungen ließen sich laut AHA in Form von Arbeitseinsätzen umsetzen. Der AHA bittet daher dringend die hallesche Stadtverwaltung diesen Vorschlag ernsthaft zu prüfen.
Im Gegensatz dazu stellen laut AHA die umfassenden Bauarbeiten im Bereich des Hufeisensee u.a. für den Golfplatz, den asphaltierten Rundweg sowie der Errichtung einer Rettungswacht und von Badestränden im Schilf-, Röhricht- und Sukzessionsbereichen als schweren, inakzeptablen Eingriff in den Biotop- und Grünverbund der Reide dar.
Mit Sorge betrachtet der AHA ferner die mit der Entstehung des Gewerbegebietes Braschwitz/Peißen in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhundert vorgenommenen Umverlegungen des Fließgewässers, die zunehmende Tendenz des Verbaus von Überflutungsräumen der Reide -z.B. im Bereich von Sagisdorf- sowie die häufig nicht vorhandenen, aber dringend erforderlichen und auch gesetzlich vorgeschriebenen Gewässerschonstreifen von beidseitig 10 m ab der Uferkante. Somit fehlt der Reide insbesondere im Ober- und Mittellauf ökologischer und hydrologischer Entwicklungsraum, welcher zum Einem als Rückzugs- und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten fungieren kann und zum anderen umfassenden Überflutungsraum zulässt.
Alle Beratungen, konzeptionellen Überlegungen und Aufforderungen seitens des im Jahre 1995 ins Leben gerufenen Runden Tisch Reide und des AHA seien leider bisher unberücksichtigt geblieben. Stattdessen verbaute man laut AHA zum Beispiel im Bereich des halleschen Sagisdorf wertvolle Reideaue und schränkte dabei Raum zur Entwicklung naturnaher Aue als Lebens- und Rückzugsraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten in Anknüpfung an des Park Sagisdorf und für Überflutungen ein. Andernorts reagierte man nach Auffassung der Umweltschützer vollkommen überzogen, indem einhergehend mit der zeitweisen Sperrung der Straße Am Tagebau, massive Ausbaggerungen in der Reide vornahm. In dem Zusammenhang verdeutliche sich die falsche Herangehensweise in den Überflutungsraum hineinzubauen. Die Reide bedarf keiner Ausräumung eines sich strukturreicher entwickelten Gewässerbettes, sondern sich perspektivisch Gedanken zu machen, inwieweit im Ober- und Mittellauf eine Erschließung weiterer Überflutungsräume ermöglich ist. Dazu zählen keine weiteren Verbauungen zuzulassen, die Breite der Gewässerschonstreifen auf beidseitig 10 m ab Uferoberkante endlich zu gewährleisten sowie Mäandrierungen durch Belassen von Holz- und Steinhindernissen zu befördern. Somit werde eine weitere Eintiefung der Reide verhindert und der Fluss kann schon rechtzeitig
im Ober- und Mittellauf in seine Aue Hochwasser abgeben. Eine Eintiefung sorge auch zur Senkung des Grund- und Schichtwassers, was sich negativ auf den Wasserhaushalt des Gesamtgebietes, insbesondere in trockneren Jahreszeiten, auswirke. Zudem könne der Überlauf in den Dieskauer Park regulierend auf den Wasserspiegel der Reide einwirken.
Alle bereits durchgeführten und geplanten Ausbaggerungen im Verlauf der Reide sieht der AHA jedoch weiterhin sehr problematisch. Man greife nicht nur in ein Naturschutzgebiet im Mündungsgebiet in die Weiße Elster ein, sondern beeinträchtige ausgedehnte wertvolle Schilfgebiete sowie degradiere das Fließgewässer zu einer Abflussrinne, indem gewässerlebensnotwendige Hölzer, Steine, Kiese und Schlämme beseitigt sind. Ferner tragen derartige Schachtungen zur weiteren Eintiefung der Reide bei. Der AHA warnt daher den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft davor, einfach mit Schachtungen zu beginnen. Auch eine einfache Absprache mit den Naturschutzbehörden ist da unakzeptabel.
Gleiches treffe für den Verlauf der Rieda bis zur Fuhne zu. Dort könnten die Entwicklung großer Teile der Aue zwischen Ostrau und Mösthinsdorf beispielhaft wirken. Andernorts sei auch hier auffällig, dass häufig ein Heranackern bis an das Fließgewässer das Landschaftsbild prägt. Dies führe nicht nur zur Verweigerung naturnaher bzw. naturnaherer Entwicklungsmöglichkeiten, sondern befördert durch Abdrift den ungehinderten Eintrag von Nährstoffen und Pestiziden, was somit zur unverantwortlichen Belastung der Fließgewässer führt. Davon seien Reide und Rieda gleichermaßen betroffen.
(Fotos: AHA)
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