Garagenbesitzer beklagen „Lippenbekenntnisse“ der Stadt

Vor einem halben Jahr haben die Garagengemeinschaften in Halle Alarm geschlagen. Die Stadt hatte ihnen in einem Schreiben eine enorme Erhöhung der Pachtgebühren angekündigt. Oberbürgermeister Bernd Wiegand sprach ein Machtwort. Die auslaufenden Verträge werden zu den alten Konditionen fortgesetzt. Doch außer dieser Ankündigung ist noch viel passiert. Doch in elf Monaten enden die 30 Jahre alten Pachtverträge und die Garagengemeinschaften möchten schon gern wissen, wie es weiter geht.
Sven Marcus Hohmann, selbst Garagenpächter in der Lilienstraße und Rechtsanwalt, brachte es am Dienstag im Finanzausschuss auf den Punkt. Für ihn sind die Äußerungen der Verwaltung nur reine Lippenbekenntnisse. Zwar sagt die Verwaltung immer wieder, die Verträge werden wie gehabt weitergeführt. Doch für Hohmann fehlt dafür die rechtliche Grundlage. „Wir haben einen befristeten Vertrag ohne Verlängerungsoption. Wir sind vertragsfrei, auch wenn wir ein Lippenbekenntnis haben.“ Große Sorge ist, dass den Garagenpächtern ab 2020 eine dreimonatige Kündigungsfrist droht, die Planungssicherheit ist weg und die Kosten für den Abriss der Garagen kommen auch noch dazu.
Aus diesem Grund hat sich der Finanzausschuss am Dienstag mit einem Antrag der Linken befasst. Die wollen, dass die bestehende Verträge um mindestens 25 Jahre verlängert werden und eine Kündigung in diesem Zeit ausgeschlossen ist, zudem soll auf die Geltendmachung von Abrisskosten verzichtet werden. Bei Aussagen der Verwaltung von einer nahtlosen Fortführung der Verträge dürfte es also eigentlich keinerlei Probleme geben.
Doch ein Vertreter der Verwaltung äußerte in der Sitzung zunächst rechtliche Bedenken. Und dann fiel eine Aussage, die Garagenpächter aufmerken lässt: „Wir können nicht sagen, was in 20 Jahren ist.“ Die Frage sei, ob man sich wieder 30 Jahre ohne Einflussmöglichkeit binden wolle. Es folgte noch ein Verweis aufs Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das für einzelnen Garagenstandorte die Möglichkeiten eine anderen Nutzung offen lässt. Und das ist genau die Sorge der Garagenbesitzer: Die Stadt verkauft irgendwann doch das Land und die Garagen müssen weg. Deshalb drängen sie auf eine vertragliche Lösung, um die plötzlich drei Monate vorher gesagt zu bekommen, sie müssen weg. Zwar hat die Stadt immer wieder betont, derzeit keine Verkaufsabsichten zu hegen. Doch ausgeschlossen hat man das nie. Und die neuerlichen Äußerungen befeuern diese Auffassung.
Der Finanzausschuss will im Februar noch mal über das Thema beraten. André Cierpinski (CDU) brachte den Vorschlag ins Gespräch, doch auch über eine Anpassung der Pachthöhe zu diskutieren. Und Gernot Nette (AfD) will die die Garagengemeinschaften verpflichten, Rückstellungen zu bilden, um einen Abriss der Garagen zu finanzieren.
Die jetzt so vertrackte Situation ist im Ende der DDR zu suchen, als es kein „Volkseigentum“ mehr gab. Auf Grundlage des Schuldrechtsanpassungsgesetzes wurden damals mit 19 Garagengemeinschaften Grundstückspachtverträge abgeschlossen. Diese umfassen rund 6.100 Garagen an 17 Standorten. Die Garagen selbst befinden sich im Eigentum der Nutzer, der Grund und Boden im Eigentum der Stadt Halle (Saale). Die damals geschlossenen Verträge laufen Ende 2019 aus.
Neueste Kommentare