Haltestellen in Halle als Vogelkiller? Ausschuss lehnt Antrag zur Gestaltung der Glasscheiben mit Patt ab
Glaskonstruktionen gehören in modernen Städten zum Alltag. Doch während sie für Menschen Transparenz und Leichtigkeit erzeugen, werden sie für viele Vögel zur tödlichen Falle. Was für den Menschen als schmucklose, funktionale Wartehalle dient, kann für Vögel – insbesondere in der Nähe von Parks, Friedhöfen oder Waldgebieten – zur unsichtbaren Barriere werden. Die Kollision mit einer Glasscheibe endet häufig mit schweren Verletzungen oder dem Tod. Auch in Halle (Saale) ist diese Problematik nun zum politischen Thema geworden: Die Stadtratsfraktion Volt / MitBürger sieht dringenden Handlungsbedarf an Haltestellen der HAVAG und hat deshalb einen Antrag zum verbesserten Vogelschutz eingebracht. Doch der zuständige Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Ordnung lehnte diesen nun mit einem Patt ab – vier Stimmen dafür, vier dagegen, eine Enthaltung. Das letzte Wort hat aber in anderthalb Wochen der Stadtrat,
Anlassbezogene Nachrüstung und ein neuer Standard
Bereits im vorangegangenen Ausschuss war das Thema diskutiert worden. Auf Basis der dort gewonnenen Erkenntnisse passte die Fraktion ihren Vorschlag noch einmal an. Die Fraktionsvertreterin Sarah Labusga erläuterte dazu, dass der Austausch der verglasten Haltestellenflanken künftig anlassbezogen erfolgen solle – etwa im Zuge von ohnehin anstehenden Baumaßnahmen oder wenn beschädigte Scheiben ersetzt werden müssen. Kernbestandteil des Antrags war darüber hinaus die Entwicklung einer stichhaltigen Strategie für den Vogelschutz an Haltestellen. Darin sollte ein „fachlich fundierter Standard für Vogelschutzmuster“ festgelegt werden, der zugleich die Bedürfnisse von Menschen mit Sehbeeinträchtigungen berücksichtigt. Hierfür verwies die Fraktion auf wissenschaftlich belegte Muster, die Vögel wirksam vom Durchfliegen abhalten, etwa eng gesetzte Linien oder Punktreihen, wie sie in anderen Kommunen bereits eingesetzt werden. Die Begründung der Fraktion knüpfte an bundesweite Erkenntnisse an: Jährlich sterben laut verschiedenen Schätzungen in Deutschland über 100 Millionen Vögel durch Kollisionen mit Glasflächen, wovon etwa die Hälfte tödlich verläuft. Fahrgastunterstände mit drei Glaswänden und reflektierenden Umgebungsspiegelungen seien besonders riskant – vor allem dort, wo Vegetation unmittelbar an die Haltestellen heranreicht.
Stadtverwaltung: Keine Daten, kein Handlungsdruck
Doch die Stadtverwaltung empfiehlt Ablehnung. Umweltdezernent René Rebenstorf verwies im Ausschuss darauf, dass zuvor eine Beratung mit der HAVAG stattgefunden habe. Das kommunale Verkehrsunternehmen meldete jedoch, es lägen keine Fallzahlen zu Vogelschlägen an Haltestellen vor; auch statistische Erfassungen gebe es nicht. Nach Angaben der HAVAG seien weder Fahrbedienstete noch Fahrgäste über die Leitstelle bzw. den Kundendialog in den vergangenen Jahren mit entsprechenden Meldungen an das Unternehmen herangetreten. Aus diesen fehlenden Rückmeldungen leitet die Verwaltung einen sehr geringen Handlungsbedarf ab. Angesichts der zahlreichen Sichtkontakte von Personal und Passanten gehe man davon aus, dass ein relevantes Problem sonst hätte auffallen müssen. Gleichzeitig verweist die HAVAG auf die bestehenden Markierungen: stilisierte Dreiecke oder einzelne Streifen, die laut dem geltenden Gestaltungshandbuch der Stadtbahn nicht nur dem Vogelschutz, sondern vor allem der Sicherheit sehbehinderter Menschen dienen. Diese Markierungen waren vor Jahren gemeinsam mit Sehbehindertenverbänden optimiert worden. Größere Änderungen an den Mustern müssten daher erneut in den entsprechenden Gremien abgestimmt werden. Zudem würden die Markierungen per Siebdruck direkt auf die Glasscheiben aufgebracht; Folien kämen wegen mangelnder Haltbarkeit nicht infrage. Der Preis einer Scheibe mit Sicherheitsmarkierung liegt aktuell bei rund 300 Euro, wobei unklar ist, ob geänderte Muster zusätzliche Kosten verursachen würden. Insgesamt sieht die HAVAG einen umfassenden Austausch unversehrter Scheiben als unverhältnismäßig an. Möglich sei lediglich ein Austausch im Zuge von Reparaturen – zum Beispiel nach Vandalismusschäden – oder bei regulären Umbauten.
Tote Vögel am Spechtweg?
Labusga kritisierte die Darstellung der HAVAG jedoch deutlich. Die Aussage des Unternehmens, nichts von toten Vögeln zu wissen, widerspreche Informationen aus der Bevölkerung. Sie verwies dabei konkret auf die Haltestelle Spechtweg am Rand der Dölauer Heide, wo mehrfach tote Vögel gefunden worden seien. Die HAVAG selbst sei von Anwohnerinnen und Anwohnern darüber informiert worden. Während die Volt-Vertreterin also von einem durchaus realen Problem ausgeht, wurde diese Ansicht im Ausschuss teils skeptisch kommentiert. Thorben Vierkant (AfD) sprach von „ominösen toten Vögeln“ und stellte in Frage, ob die Tiere tatsächlich aufgrund einer Kollision mit den Glasscheiben verendet sein könnten. Auch Josef Hebeda (FDP) äußerte Zweifel am grundsätzlichen Ausmaß des Problems: „Ich habe Zweifel, dass wir hier über ein echtes Thema reden.“ Demgegenüber lobte Silke Burkert (SPD) ausdrücklich die Überarbeitung des Antrags. Besonders begrüßte sie, dass die Belange sehbehinderter Menschen berücksichtigt würden und die Umrüstung nur im Rahmen ohnehin anstehender Bauarbeiten erfolgen solle, was ihrer Ansicht nach auch wirtschaftlich sinnvoll sei.
Faktenlage und Praxis in anderen Städten
Die Fraktion verweist in ihrem Antrag auf Erfahrungen aus anderen Kommunen. In Städten wie Potsdam, Meißen und Leipzig seien bereits Fahrgastunterstände nachgerüstet worden. Die Stadt Bonn habe darüber hinaus ein Priorisierungssystem entwickelt, das besonders gefährdete Standorte zuerst berücksichtigt. Diese Maßnahmen orientieren sich an empirischen Studien, die zeigen, dass viele herkömmliche Markierungen – darunter auch dreieckige „Vogelsilhouetten“ – kaum Schutz bieten. Wirksam sind vor allem Muster mit regelmäßigem Abstand von wenigen Zentimetern, die für Vögel die Fläche als Hindernis sichtbar machen. Die Anfälligkeit für Vogelschlag hängt stark vom Standort ab: Haltestellen inmitten dichter Bebauung bergen ein deutlich geringeres Risiko als solche in der Nähe von Wald- oder Parkflächen. Unterstände mit offenen Durchblickachsen oder spiegelnden Glasflächen sind besonders problematisch.
Am Ende stand im Ausschuss ein Stimmenpatt: vier Ratsmitglieder unterstützten den Antrag, vier lehnten ihn ab, eine Person enthielt sich. Damit galt der Antrag formal als abgelehnt – ein Ergebnis, das weder die Befürwortenden noch die skeptischen Stimmen zufriedenstellen dürfte. Während die Verwaltung auf fehlende Daten verweist und die HAVAG wenig Anlass für Änderungen sieht, lässt die Position der Fraktion Volt / MitBürger offen, ob das Thema in anderer Form erneut auf die Tagesordnung kommen könnte. Denn klar ist: Betroffene Haltestellen wie der Spechtweg machen deutlich, dass es zumindest punktuell Hinweise auf Vogelschlag gibt. Ob diese Einzelfälle politisch oder fachlich für eine größere Strategie ausreichen, bleibt umstritten.










Als normaler Mensch habe ich mich halb tot gelacht über den Antrag. Aus der Ecke kommt nur noch Schwachsinn. Es gibt doch noch Wichtigeres als die paar schei…Vögel. Wer hat den überhaupt Volt darein gebracht?
Sei froh, daß Internet anonym ist.
Was müssen Sie im Leben alles negatives erlebt haben, um so zu reagieren? Mein Mitleid heben Sie sicher.
Stimmt. 89.
Das Foto zum Beitrag zeigt doch die Haltestelle Spechtweg und man sieht auch deutlich die Haufen toter Flügel vor den Scheiben.
Vögel statt Flügel
Frage Nr.1 Würde ein Einsatz besserer Scheibenmuster mehr kosten oder nicht? Wenn nicht, warum dann nicht bei eh anstehenden Umbauten bessere Scheiben einsetzen? Ich sehe das Problem am Antrag nicht, VOLT hat doch schon alles andere rausgenommen.
„Jährlich sterben laut verschiedenen Schätzungen in Deutschland über 100 Millionen Vögel durch Kollisionen mit Glasflächen, wovon etwa die Hälfte tödlich verläuft.“
Was haben diese „Schätzer“ denn geraucht? Die Hälfte der toten Piepmätze ist dann wohl wieder auferstanden oder wie?
Stellt doch einfach ein paar Vogelscheuchen neben die Haltestellen…
https://www.stadt-koeln.de/artikel/63081/index.html
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/glasscheibe-gebaude-voegel-sterben-100.html
Extra Portale gewählt welche halbwegs neutral sind. Aber nicht nach paywall geschaut.
Kann man aber auch selber googeln
„Jährlich sterben“..“über 100 Millionen Vögel“..“,wovon etwa die Hälfte tödlich verläuft.“
Jetzt verstanden?
Du hast vergessen zu zitieren, WAS da zur Hälfte tödlich verläuft. („wovon“)
Und es sterben insgesamt noch sehr viel mehr Vögel. 😉
Heuchelei in Halle? Vogelschutz-Antrag abgelehnt – aber Hauptsache „Klimaschutz“ im Ausschussnamen
Ich muss mal Dampf ablassen. Was in Halle gerade im Ausschuss für „Klimaschutz, Umwelt und Ordnung“ abgezogen wurde, ist doch der reine Hohn.
Volt/MitBürger bringen einen vernünftigen Antrag ein: Vogelschutz an HAVAG-Haltestellen verbessern, vor allem an gefährlichen Stellen wie am Spechtweg an der Dölauer Heide. Konkret soll bei eh anstehenden Reparaturen oder Neubauten auf wissenschaftlich wirksame Muster (enge Linien/Punkte) umgerüstet werden – ein Standard, der auch Sehbehinderte mitdenkt. Kostentechnisch wäre das bei rund 300€ pro Scheibe ein Klacks, wenn man es im Rahmen von ohnehin fälligen Arbeiten macht.
Und was macht der Ausschuss? Patt. 4:4:1. Damit ist der Antrag erstmal abgelehnt.
Die Begründung? Absurd. Die HAVAG sagt: „Wir haben keine Daten zu Vogelschlägen.“ Facepalm. Natürlich hat man keine Daten, wenn man nicht systematisch danach sucht oder Meldungen erfasst! Anwohner am Spechtweg haben sehr wohl tote Vögel gemeldet. Aber statt hinzugehen und zu prüfen, wird weggeschaut. „Keine Daten, kein Problem“ -so funktioniert Verantwortung nicht. Das ist aktives Ignorieren.
Und das Allerheuchlerischste: Dieser Ausschuss heißt „Klimaschutz und Umwelt“! Wie passt das zusammen? Man kann nicht einerseits über das große Artensterben und Ökosysteme reden und andererseits die einfachste, lokal umsetzbare Maßnahme zum Schutz von Millionen Vögeln (100 Millionen sterben jährlich deutschlandweit an Glas!) blockieren. Vogelschutz IST Artenschutz. Artenschutz IST Klimaschutz. Oder soll „Umwelt“ nur ein hübsches Wort im Titel sein?
Andere Städte wie Leipzig, Potsdam oder Bonn machen es längst vor. Nur in Halle wird getan, als sei das ein exotisches Nischenthema, während man sich auf die Schulter klopft, weil man ja einen „Klimaausschuss“ hat.
Das ist keine Politik, das ist Symbolhandeln ohne Substanz. Wer Klima- und Umweltschutz ernst nimmt, muss bei den konkreten, kleinen Dingen anfangen – nicht nur bei den großen Sonntagsreden.
Hehe.
„Hauskatzen töten in Deutschland schätzungsweise 60 bis 200 Millionen Vögel pro Jahr.“
„In Deutschland sterben Schätzungen zufolge jährlich etwa 100.000 Vögel durch Kollisionen mit Windkraftanlagen.“
Quelle NABU
An bestimmten Haltestellen (Spechtweg), könnte doch erst einmal vorübergehend eine entsprechend wirksame Folie angebracht werden. Der teure Ersatz von Scheiben nach „Entglasungen“ in Gebieten, wo diese öfter vorgekommen sind, sollte mit „unkaputtbarem“ Glas mit entsprechendem Muster erfolgen oder mit anderen Materialien. Gut, dass man auch mal guckt, wie andere Städte diese Probleme lösen.
Schnelle Lösung; Graffiti!
Wären das Windräder, wäre der Aufschrei wegen der Vögel riesig!
Jährlich sterben laut verschiedenen Schätzungen in Deutschland über 100 Millionen Vögel durch Kollisionen mit Glasflächen, wovon etwa die Hälfte tödlich verläuft.
Und die anderen 50mio toten Vögel leben dann weiter?
Bei Verkehrsunfällen sterben ja auch nicht 100% der Leute.
Wenn ein Vogel frontal mit dem Kopf bei 15-25 kmh auf die Scheibe knallt, ist er in den meisten Fällen wohl erstmal benebelt. Das ist auch der Grund, weshalb man wenig tote Vögel direkt am Aufprallort beobachtet: die meisten raffen sich erstmal wieder auf und fliegen weg – erholen sich nicht mehr ganz davon und verkriechen sich irgendwo im Stillen und sterben dann an Gehirnblutungen oder werden von einem Prädator erwischt.
sofort tot (durch Kollision) – später tot (aufgrund der bei der Kollision erlittenen Verletzungen)
Ihr labert.
Tot ist tot!
Durch Schweigen werden sie wieder auferstehen.
(am dritten Tag des Schweigens)
Klebt einfach Abbildungen von Falken/Greifvögel oder Katzenabbildungen zusätzlich auf die Scheiben. Das kostet nicht viel und zeigt Wirkung.
Das zeigt keine Wirkung.
Einfache Maßnahme mit großer Wirkung. Wir schauen doch sonst auch immer, was andere machen, nur um nicht selber denken zu müssen. Dann schaut mal.