Sekundarschule oder Gymnasium: Sachsen-Anhalt testet die Schullaufbahnempfehnung an Grundschulen
Erstmals wurde im Schuljahr 2024/2025 das Eignungsfeststellungsverfahren im Rahmen der ergänzten Schullaufbahnberatung in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Insgesamt 748 Schülerinnen und Schüler aus 216 Grundschulen nahmen an diesem Verfahren teil. Das entspricht einem Anteil von 4,01 % der landesweit 18.642 Viertklässler.
Bildungsministerin Eva Feußner: „Bei dem neuen Verfahren geht es in erster Linie darum, Eltern bestmöglich ergänzend zu beraten. Die Entscheidung zur weiterführenden Schule hat natürlich große Auswirkungen auf Bildungserfolg oder eben -misserfolg des Kindes und damit auch auf die Entwicklung seines Selbstvertrauens. Die ergänzte Schullaufbahnberatung soll den Eltern eine fundierte Entscheidungshilfe bieten, die den Fähigkeiten des Kindes zum Zeitpunkt der Entscheidung gerecht wird.“
Feußner dankte insbesondere allen beteiligten Lehrkräften in den Grundschulen und Gymnasien für die Unterstützung und Durchführung der Verfahren. „Dank ihres Engagements konnte das Verfahren professionell umgesetzt werden, und es gelang, bei den Eltern eine hohe Bereitschaft zur Teilnahme zu wecken.“
Ergebnisse im Überblick – Bisherige Schullaufbahnempfehlungen im Wesentlichen bestätigt
508 Schülerinnen und Schüler (84,8 %) erhielten eine Empfehlung für eine allgemeine berufsorientierte Bildung, also beispielsweise für den Besuch einer Sekundarschule. Damit wurde die Ersteinschätzung der Grundschullehrkräfte bekräftigt.
70 Schülerinnen und Schüler (11,7 %) erhielten – abweichend von der ursprünglichen Einschätzung – eine Empfehlung für eine vertiefte allgemeine Bildung, also z. B. für den Besuch des Gymnasiums.
Das heißt, dass die vorherige Empfehlung der Grundschullehrkräfte in weiten Teil bestätigt worden ist. Feußner: „Die Ergebnisse zeigen, dass die Grundschullehrkräfte bei der Einschätzung ihrer Schülerinnen und Schüler bereits sehr gute Arbeit leisten.“
„Mit dem Verfahren wird mit einem ergänzenden Außenblick auf die Fähigkeiten des Kindes geschaut. Ziel des Verfahrens ist es nicht, die Zahl der Kinder, die auf das Gymnasium gehen, zu verringern, sondern möglichst zu verhindern, dass Kinder aufgrund unzureichender Leistungen das Gymnasium verlassen müssen. Ein Schulformwechsel aufgrund schlechter Noten kann zu Frustration führen und die Freude am Lernen mindern“, so Feußner weiter. „Selbst wenn später der Wunsch nach einem Studium besteht, bleiben viele Wege dorthin auch zu einem späteren Zeitpunkt noch offen.“
Zudem bleibt letztlich der Elternwille bestehen.
Ablauf des Verfahrens
Die schriftlichen Leistungserhebungen fanden am 26. November 2024 im Fach Deutsch und am 27. November 2024 im Fach Mathematik an den Grundschulen statt. Die mündlichen Erhebungen wurden am 30. November 2024 in als Standortschulen festgelegten Gymnasien durchgeführt. Insgesamt 18 Gymnasien im Land waren beteiligt, wobei 70 Eignungsfeststellungskommissionen mit jeweils paritätischer Besetzung aus Grundschul- und Gymnasiallehrkräften eingerichtet wurden.
Weiterentwicklung und Ausblick
Zur Verbesserung des Verfahrens wurde eine Befragung der beteiligten Lehrkräfte und Schulleitungen initiiert. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden ausgewertet. Ziel ist es, das Verfahren für die nächste Durchführung im Schuljahr 2025/2026 weiter zu optimieren.
Hintergrund:
Die Schullaufbahnberatung zur Entscheidung für die weiterführende Schule nach der 4. Klasse beginnt ab dem zweiten Halbjahr der 3. Klasse. Sie soll die Personensorgeberechtigten frühzeitig über mögliche Bildungswege informieren und ihre Entscheidung für eine passende Schulform unterstützen.
Im ersten Halbjahr der Klasse 4 nimmt die Grundschule bei den Personensorgeberechtigten eine Abfrage vor, welche weiterführende Schulform sie für ihr Kind wünschen würden. Diese Abfrage dient als Grundlage für eine noch zielgerichtetere Schullaufbahnberatung und hat noch keine Verbindlichkeit. Schülerinnen und Schüler, deren Personensorgeberechtigte die
Schulform Gymnasium für den weiteren Bildungsweg nach Klasse 4 wünschen, die zu diesem Zeitpunkt von der Grundschule aber keine entsprechende Empfehlung erhalten würden, können dann zur Untersetzung der Beratung an einem Eignungsfeststellungsverfahren mit schriftlicher und mündlicher Leistungserhebung in den Fächern Deutsch und Mathematik teilnehmen.
Die Entscheidung für das neue Verfahren gründet auf einem Koalitions-Beschluss von April 2023.
„können dann zur Untersetzung der Beratung an einem Eignungsfeststellungsverfahren mit schriftlicher und mündlicher Leistungserhebung in den Fächern Deutsch und Mathematik teilnehmen“
Heißt das nun wirklich: können teilnehmen oder müssen die Kinder das, wenn doch Elternentscheidung bleibt?
Wenn ich es Recht erinnere, dann wurde solch ein Verfahren schon kurz nach der Wende angewendet. Davon wissen die jetzigen Entscheider wohl nichts.
Die spannende Frage wird doch sein: Wie viele der 508 Schüler wechseln dann wirklich nur in den Sekundarschulbildungsgang?
Die Frage als Pädagoge: Warum werden nur die Streitfälle getestet, sollten dann nicht alle getestet werden? Ich meine, wenn ca. 20% der Einschätzungen falsch sind, würden dann nicht auch Fehler bei Nichtstreitfällen aufgedeckt?
Die Frage als Steuerzahler: Warum sollte man noch nen extra Test einführen, wenn Eltern schon bisher nicht auf die Empfehlung hören müssen, wozu braucht man nen Test, auf den man auch nicht achten muss? Geld, dass für Testerstellung, Vorbereitung, Durchführung, Auswertung. Information an die Eltern rausgeschmissen wird für einen Zettel, den Eltern ignorieren können?
Die Eltern dürfen nicht entscheiden, ob das Kind für die Einschulung reif genug ist.. Dann wird das Kind durch die ersten 4 Jahre duchgeschleppt, bekommt keine Gymnasiumempfehlung mehr und seine Chancen, im Leben was zu erreichen, halbieren sich hiermit. Die anfängliche 3 jährige Schuleinganphase dient dem Selbstvertrauen des Kindes auch nicht besonders.. Weil auch wenn es nur anders genannt wird, ist das das unbeliebte Sitzenbleiben nach wie vor. Vielleicht sollte man da grundsätzlich etwas ändern, eine gemeinsame Schulzeit verlängern, den Eltern bisschen Vertrauen schenken..
Interessanterweise gibt es in Europa genügend andere Länder, in denen die Schüler viel länger in einer Schule sind, sogar bis zur 9. Klasse. Bei so einer frühen Auslese wie in Deutschland legt man auch meiner Meinung nach zu früh fest anhand von Noten, die nicht das Potenzial von Schülern abbilden. Wenig oder gar nicht beachtet wird dann auch noch die Tatsache, dass junge Schüler*innen, die in der ersten Jahreshälfte geboren wurden, von Anfang mit einem Entwicklungsnachteil einsteigen und dieser nicht in 3 Jahren aufgeholt oder ausgeglichen werden kann.