Zukunftswerkstatt Riebeckplatz: zwischen Bürohaus, Hotel und Wett-Tempel

So hatte sich die Stadtverwaltung den Riebeckplatz nicht vorgestellt, als er 2006 umgestaltet wurde. Ein neuer belebter Eingangsbereich zur Stadt sollte es werden mit Cafés und vielen mehr. Doch stattdessen wurde das Rondell zum Ladenhüter.
Immer wieder haben es Geschäftsleute probiert. Doch lange hielten Bäcker, Schmuckladen und Friseur nicht durch. Ein Großteil der Ladenzeile steht leer. Spätverkauf, Dönerladen und zwei Spielhallen, mehr hat der Platz nicht zu bieten. Und so war die aktuelle Situation des Rondells, das von einer Chemnitzer Firma vermarktet wird, auch Thema bei der Zukunftswerkstatt Riebeckplatz. Ein großes Wettbüro wollte einen großen Teil der leerstehenden Ladenzeile beziehen. Diese Pläne hat die Stadtverwaltung durchkreuzt. Zusammen mit den bestehenden Spielhallen wäre der Riebeckplatz andernfalls vollends zur Zockerhölle verkommen. Erst recht kein gutes Bild für die Gäste der Stadt, die mit der Bahn anreisen.
Und so hofft man weiter auf eine Belebung, die sich durch die zwei bevorstehenden Großbauprojekte einstellen soll. HWG-Chef Heinrich Wahlen stellte die aktuellen Projekte seines Wohnungsunternehmens vor.
Insgesamt 15 Millionen Euro will die HWG in den Komplex an der Ecke Leipziger Straße / Dorotheenstraße investieren. Baubeginn soll im Frühjahr 2017 sein, Fertigstellung dann Herbst 2018. Neben einem Supermarkt und Gewerbeflächen sollen auch 90 Wohnungen entstehen, vorrangig für altengerechtes Wohnen. Zuvor werden der alte DDR-Supermarkt und der benachbarte Plattenbau abgerissen. Der Entwurf für den Neubau stammt vom Weimarer Büro „Junk und Reich“. 34 Meter hoch soll der Bau werden. Der Höhenunterschied zwischen Dorotheenstraße und Riebeckplatz soll neben einer Treppe über einen Außenaufzug erfolgen. Der Zugang zu den Wohnungen erfolgt durch eine Art „Loggia“. Eine Tiefgarage ist nicht vorgesehen.
An Stelle des ehemaligen Nordturms plant die HWG einen Hotelneubau. Der ist nicht unumstritten. Das Landesverwaltungsamt untersucht, ob sich die HWG als städtisches Unternehmen überhaupt derart wirtschaftlich betätigen darf. 20 Millionen Euro will die HWG investieren, Betreiber des zehnstöckigen Hauses soll die Interconti-Gruppe werden. Die Hotellobby, Bar, Restaurant sollen im Untergeschoss entstehen, das sich zum Platz hin öffnet. Das Erdgeschoss befindet sich den Plänen zufolge darüber auf Höhe der Dorotheenstraße. Es soll ein Parkhaus beherbergen, das von dort aus angefahren werden kann. Darüber folgen 8 Etagen mit 176 Zimmern. Wie beim Nachbargebäude soll es im Frühjahr 2017 losgehen und im Herbst 2018 Eröffnung gefeiert werden.
Doch auch das Leitbild Riebeckplatz wurde gestreift. Im zweiten Halbjahr 2016 soll der daraus entstandene Rahmenplan in den Stadtrat eingebracht werden. Dabei werden laut Stadtplaner Lars Loebner kurz-, mittel- und langfristige Entwicklungsflächen festgelegt. „Betonung der Platzmitte mittels hoher Häuser als „Krone“ des Riebeckplatzes“, heißt es im Leitbild, ein Hochhaus an jeder Ecke des Platzes. Als Potentialflächen für eine Bebauung werden unter anderem der Parkplatz an der Volkmannstraße und die Grünfläche vor dem Gebäude des ehemaligen Energiekombinats an der Magdeburger Straße vorgeschlagen. Und auch die Fläche des Busbahnhofs könnte langfristig bebaut werden, steht im Leitbild. Fraglich, ob und wann es dazu kommt. Schließlich wurde dieser mit Fördermittel gebaut, eine Rückzahlung würde drohen. Allerdings wollen die Planer den Busbahnhof an dieser Stelle auch erhalten, die neue Nutzung soll obendrüber erfolgen. Der neue Busbahnhof wäre dann nicht mehr auf freier Fläche zu finden, sondern unter einem neuen Gebäude. Um das Areal rund um den Hauptbahnhof besser zu erschließen, wird zudem eine Linksabbiegemöglichkeit von der Merseburger Straße in die Rudolf-Ernst-Weise-Straße vorgeschlagen. Dies wäre kurzfristig realisierbar und wird möglicherweise mit dem Umbau der nördlichen Merseburger Straße erfolgen. Der Parkplatz Volkmannstraße habe Potential für die Ansiedlung von Dienstleistungseinrichtungen mit breitem Spektrum an Nutzungsalternativen. So biete sich ein Kongresszentrum, heißt es im Leitbild. Zudem könne so eine neue Raumkante zwischen Bahngelände und Innenstadt geschaffen werden. Weil sich das Gebiet in einer Art Insellage befindet, sollen zusätzliche Fußgängerquerungen geschaffen werden, so unter anderem von der Magdeburger Straße aus. Auch das Rondell unter dem Verkehrsplatz mit der Ladenzeile soll besser erschlossen werden. Von Seiten des Maritim-Hotels und auch von der Volkmannstraße aus werden Fußgängertunnel zum Rondell vorgeschlagen. Als „Visionär und sehr langfristig“ bezeichnet das Leitbild einen Abriss des einstigen Maritim-Hotels, um das Quartier städtebaulich neuzuordnen und besser zu verzahnen. Abgelehnt wird dagegen, die Rudolf-Breitscheid-Straße mit an die Merseburger Straße anzubinden. Dies würde mehr Verkehr ins Wohngebiet ziehen. Doch nicht nur an Bebauung, auch an Freiflächengestaltung denkt das Papier. Als Potentialflächen sind hier das Areal rund um die beiden Brücken über den Platz und die ehemalige Straßenbahn-Wendeschleife vorgesehen.
Das Rondell ist ein kalter Raum ohne Grün und ohne eine bauliche Abschirmung (angedeutetes Zeltdach) zum Verkehr. Ohne Belebung des oberen Boulevard wird dieser Platz nicht belebt werden. Ein 4-Sterne-Schlafplatz für Geschäftsleute bringt hier keine wesentliche Änderung. Das Rondell müsste Ausgangs- und Endpunkt für den Stadtbummel werden. Es gibt auf dem oberen Boulevard nur nichts Gescheites zu kaufen.
Die Planungen sind recht nett. Über eine zwingende Voraussetzung wird nicht gesprochen. Die Wirtschaftsleistung in Halle muss dramatisch steigen, um den Bedarf an Büroflächen oder Einzelhandel zu generieren. Ohne, wird kein Investor einsteigen. Selbst ein Hotel muss auf Anweisung des OB von der kommunalen Wohnungsgesellschaft realisiert werden, weil kein Privatinvestor das Risiko übernimmt.
Alternativ wäre eine flexible Planung, die auf den Bedarf reagieren würde. Kein Konzept zur Präsentation auf der ExpoReal, sondern eine Entwicklung in kleinen Schritten.
Die Idee Kongresszentrum ist eine Schnapsidee des Stadtmarketings. Noch so ein Teil in Deutschland, das nur mit fortlaufenden Subventionen überleben kann. Will oder kann man aus den schlechten Erfahrungen des MMZ nicht lernen?
Warum ist der Abriss des Maritim „Visionär und Langfristig“?
Wir erwarten doch alle, dass sich die Flüchtlingsproblematik in den nächsten 2-3 Jahren deutlich entspannt und das Maritim leer gezogen wird. Eine erneute Nutzung des Gebäudes als Hotel erscheint wenig wahrscheinlich.
Ohne eine Planung wird der Bau dann verfallen und ein weiterer Schandfleck in diesem Ensemple.
Erst mal Hausaufgaben machen, bevor man SciFi-Träume entwickelt.