Finanzdezernent informiert die Stadtratsfraktionen in einer Videokonferenz zum Haushalt – Verwunderung und Unverständnis über das Fernbleiben von “Hauptsache Halle” – andere Fraktionen wollen keine Sondersitzung

In einer Videokonferenz hat Halles Finanzdezernent Egbert Geier am Mittwoch die Stadtratsfraktionen zur Haushaltslage unterrichtet. Anlass waren die Diskussionen der letzten Tage. Kürzlich sagte schon Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt, dass die Stadt rein rechnerisch gar nicht auf einen grünen Zweig kommen kann, weil sie für den Bund Aufgaben übernehmen muss, aber die Einnahmen geringer sind. Vor wenigen Wochen hatte der Stadtrat auch einen Nachtragshaushalt beschlossen, der 103 Millionen Euro mehr Liquiditätskredite vorsieht. Das Landesverwaltungsamt hat den Nachtragshaushalt auch genehmigt – allerdings mit diversen weiteren Auflagen. Bis Ende Oktober muss ein zweiter Nachtragshaushalt her. Für das kommende Jahr muss auch ein neues Sparkonzept aufgelegt werden. Und die Haushaltssperre bleibt auch bestehen.
Vor diesem Hintergrund fordert Stadtrat Mario Kerzel (Hauptsache Halle) eine Sondersitzung des Stadtrats in der kommenden Woche. Allerdings will sonst keine weitere Fraktion mitmachen. Und 14 Räte wären mindestens nötig, um eine solche Sitzung einzuberufen. Für Unmut unter den anderen Fraktionen sorgte zudem, dass “Hauptsache Halle” an der Videokonferenz nicht teilgenommen hat. Hier seien viele Fragen beantwortet worden, war von Teilnehmern der Runde zu erfahren. Hauptsache Halle hatte im Vorfeld auch einen Boykott angekündigt. Die anderen Fraktionen sind der Auffassung, Kerzel habe offenbar etwas falsch verstanden. “So dramatisch, wie Kerzel die Lage schildert, ist sie gar nicht”, betonte ein Teilnehmer gegenüber dubisthalle.de.
Wir haben alle Fraktionen zu ihrer Meinung bezüglich einer Sondersitzung befragt.
“In der Sache hat Herr Kerzel Recht. Die Stadtverwaltung sollte den Stadtrat mit der Verfügung des Landesverwaltungsamtes befassen. Durch sie stehen Fragen im Raum, auf die der Stadtrat nachvollziehbar Antworten erwarten darf. Bislang schweigen der Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung dazu”, sagt Katja Müller, Fraktionsvorsitzende Die Linke. “Wenn Herr Kerzel vor Ablauf der Widerspruchsfrist gegen die Verfügung des Landesverwaltungsamtes eine Sondersitzung des Stadtrates einberufen will, macht das allerdings nur Sinn, wenn es dahingehend einen konkreten Beschlussgegenstand gibt. Konkret in Form eines Antrages, auf dessen Grundlage der Stadtrat darüber abstimmt, ob er Widerspruch einlegen will oder nicht.” Doch ein solcher Antrag sei dem Begehren nach einer Sondersitzung aber nicht beigefügt. “So wie es jetzt vorliegt, würde man in einer Sondersitzung über ein „wir haben mal drüber geredet“ nicht hinauskommen, nichts zu beschließen haben und als Stadtrat auch nicht „aktiv agieren“ können, wie es das Ansinnen von Herrn Kerzel ist.” Jenseits der formalen Schwächen des Antrages zur Sondersitzung bezweifle man aber “auch die Sinnhaftigkeit und Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen die Verfügung des Landesverwaltungsamtes. Aus allen aufgeführten Gründen ergibt sich für uns somit insgesamt keine Sinnhaftigkeit einer Sondersitzung des Stadtrates in der Sommerpause.” Allerdings unterstütze man Herrn Kerzels Anliegen, “dass die Stadtverwaltung Antworten zur Verfügung des Landesverwaltungsamtes liefert, und fordern Oberbürgermeister Vogt zu einer Stellungnahme auf. In der von Herrn Kerzel angedachten Sondersitzung des Stadtrates sehen wir jedoch kein zielführendes Instrument, zumal die Anwesenheit aufgrund der Sommerpause und der Kurzfristigkeit zu wünschen übrig lassen dürfte.”
“Wir werden einen Nachtragshaushalt aufstellen, so wie es das Landesverwaltungsamt fordert”, sagte Christoph Bernstiel, Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion. “Aber so einfach, wie Herr Kerzel sich das vorstellt – am 29. Juli zusammenkommen und am 30. Juli Einspruch einlegen – funktioniert es nicht.” Man wolle den Nachtragshaushalt in Ruhe beraten, sagte Bernstiel, “denn es geht hier auch um wichtige Fragen für unsere Sportvereine, unsere Kulturbetriebe und natürlich um die Zukunft unserer Stadt. Und das bricht man nicht über das Knie.” Man sei auch irritiert über das Vorgehen von Hauptsache Halle, dass diese nicht mit den anderen Fraktionen im Vorfeld Kontakt aufgenommen hat, um sich abzustimmen. Wäre das erfolgt, hätte es die Aufregung gar nicht gegeben.
“Wir halten einen Sonderstadtrat zum Thema Haushalt für nicht notwendig”, sagt Dr. Mario Lochmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Man habe “schon in den letzten Monaten einen „echten“ Nachtragshaushalt mit konkreten Maßnahmen zur Einnahmenerhöhung und/oder Ausgabenminderung bereits für 2025 gefordert.” Deshalb erscheinen die Auflagen des Landesverwaltungsamtes als nachvollziehbar. “Ein Sonderstadtrat würde uns auf diesem Weg nicht voranbringen.”
Auch die AfD-Stadtratsfraktion ist nicht dabei. “Wir sehen darin einen Alarmismus, der in der Angelegenheit absolut nicht angebracht ist. Das Schreiben des Landesverwaltungsamtes, auf das sich Herr Kerzel bezieht, beinhaltet lediglich eine Genehmigung des im Mai durch den Stadtrat selbst beschlossenen Nachtragshaushaltes, mit der Auflage, die Haushaltssperre fortzusetzen”, betont die Fraktion. “Zudem muss der Stadtrat weitere Schritte unternehmen, um die Finanzierung des Haushaltes sicherzustellen und den Einsparwillen durch ein überarbeitetes Konsolidierungskonzept demonstrieren. Dass nach einer Neuverschuldung in dieser Größenordnung das Landesverwaltungsamt derart drastische Schritte unternehmen würde, um die immer weiter ausufernde Neuverschuldung der Stadt auszubremsen, war auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung absehbar.” Man habe als AfD-Stadtratsfraktion schon damals “die Neuverschuldung in der Größenordnung abgelehnt, da das Signal an die Stadträte war, einfach weiterzumachen mit der schuldenfinanzierten Haushaltsführung. Schon damals haben wir angeboten sofort über Konsolidierung zu sprechen, das Angebot wurde aber von allen anderen Fraktionen in den Wind geschlagen.” Eine Sondersitzung ändere nichts daran, “dass die vom Landesverwaltungsamt angeordneten Einsparerfordernisse zwar schmerzhaft, aber unvermeidbar sind. Die Verschuldung der Stadt ist in den letzten Jahren ins Unermessliche gestiegen und muss dringend ausgebremst werden.” Die Fraktion verweist auch darauf, dass nach der Sommerpause die Haushaltsberatungen beginnen und das Thema die Räte ohnehin beschäftigen wird. Die Verfügung des Landesverwaltungsamtes komme entgegen der Aussagen von “Hauptsache Halle” keineswegs überraschend und unterliege auch keiner Eilbedürftigkeit, da der Nachtragshaushalt vom Stadtrat selbst im Mai beschlossen wurde. “Die Verlängerung der Haushaltssperre ist eine Konsequenz des anhaltendend mangelnden Sparwillens der Mehrheit des Stadtrates. Vielmehr ist die Forderung nach dieser Sondersitzung purer Populismus und soll den Eindruck erwecken Herr Kerzel und mögliche Unterstützer würden damit aktiv die Schuldenproblematik der Stadt regeln können. Angesichts der Verschuldung der Stadt besteht aber bereits jetzt keine Chance mehr sich der Konsolidierung zu entziehen, wie es Herr Kerzel wohlmöglich im Sinn hat”, betont man bei der AfD. “Die Sitzung wäre überflüssig und würde nur wieder unnötig Steuergeld kosten, sowie ehrenamtlich tätige Stadträte um ihren (Familien-) Urlaub bringen.”
“Eine Sondersitzung des Stadtrates wäre nur sinnvoll, wenn wir eine Vorlage von der Verwaltung haben, mit der wir arbeiten können. Sprich, welche Kürzungen und Mehreinnahmen vorgeschlagen werden”, betont die Fraktion FDP / Freie Wähler. “Vor dem leeren Blatt Papier ergibt eine Sondersitzung für uns keinen Sinn.” Zudem gebe das Landesverwaltungsamt (LVWA) dem Stadtrat bis zum 30. Oktober genug Zeit, um innerhalb des regulären Gremienverlaufs einen weiteren Nachtragshaushalt mit echten Einsparungen zu beschließen, eine Sondersitzung sei dafür nicht nötig. “Dünn wirkt für uns auch die Begründung: dem Stadtrat wird, entgegen der Vermutung von Herrn Kerzel, eben nicht die Finanzhoheit entzogen. Das KVG sieht Anordnungen und Maßnahmen durch das LVWA ausdrücklich vor, sofern kein ausgeglichener Haushalt zustande kommt.”
Genau diese Ergebnis der Kungelrunde aus Geier-Unterstützern und Ahnungslosen war zu erwarten. Deshalb ist diese Format auch nicht in der Kommunalverfassung vorgesehen. Es soll mit allen Mitteln eine öffentliche Diskussion des dramatischen Inhalts der Verfügung des Landesverwaltungsamtes, wie in der MZ skizziert, verhindert werden. Dort hieß, die Kämmerei sei gerügt worden. Die Kämmerei ist Geier! Die Pressesprecherin des Landesverwaltungsamtes wurde dergestalt zitiert, dass die Stadt vor Aufstellung des Haushaltes hättet erkennen müssen, dass die Zahlen nicht stimmen und dies berücksichtigen müssen. Wer ist dafür verantwortlich? War es ein Wahlkampfhaushalt? Hätten die Stadträte erkennen können, dass Geiers Schätzungen „schlecht“ waren? Durften die Stadträte Geier vertrauen? Kann man in seiner Freizeit ehrenamtlich Stadtrat sein, wenn man den Verwaltungsvorlagen nicht vertrauen kann? Ist ein ehrenamtliches Stadtratsmitglied in der Lage „schlechte“ Schätzungen der „Kämmerei“ zu erkennen? Kann man das von Rentnern, Sozialpädagogen, Studenten, , Ärzten usw. erwarten? Stadträte müssen darauf vertrauen dürfen, dass die Verwaltung nach Recht und Gesetz ordentlich arbeitet! Darum geht es hier im Kern auch und nicht nur um die desaströse Haushaltslage. Das gehört in eine öffentliche Sitzung!
Das Landesverwaltungsamt hat den Haushalt genehmigt. Wieso ist dort nichts aufgefallen?
Deshalb sind solche Zuschiebungen von Verantwortlichkeiten mit Vorsicht zu genießen.
„Dr. Alexander Vogt, dass die Stadt rein rechnerisch gar nicht auf einen grünen Zweig kommen kann, weil sie für den Bund Aufgaben übernehmen muss, aber die Einnahmen geringer sind.“
Das entspricht so nicht den Tatsachen. Ich kann jedem empfehlen, sich den städtischen Haushalt mal genauer anzuschauen. Wenn man sämtliche freiwilligen Leistungen streicht und eventuell noch ein paar Stellen bei der Stadtverwaltung wegfallen lässt, sind sämtliche Pflichtaufgaben locker finanzierbar.
Was natürlich nicht geht, ist, dass zusätzlich zu den Pflichtaufgaben noch extrem viele und üppige freiwillige Leistungen finanziert werden. Diese Zeiten sind nämlich vorbei.
„Für Unmut unter den anderen Fraktionen sorgte zudem, dass “Hauptsache Halle” an der Videokonferenz nicht teilgenommen hat. Hier seien viele Fragen beantwortet worden, war von Teilnehmern der Runde zu erfahren.“
Und was ist mit den Fragen der halleschen Bürger? Spielen die etwa keine Rolle?
„So dramatisch, wie Kerzel die Lage schildert, ist sie gar nicht”, betonte ein Teilnehmer gegenüber dubisthalle.de.“
Diese Ignoranz ist einfach unglaublich. Da fehlen 103 Millionen Euro im städtischen Haushalt und ein nicht namentlich genannter Stadtrat fängt sofort an zu relativieren.
Du kannst auch nur rumstänkern! Hast Du Dir mal überlegt, wie lebenswert eine Stadt noch ist ohne Schwimmbäder, ohne intakte Spiel- und Bolzplätze, ohne Kultur, ohne attraktive Orte, die gepflegt werden müssen? Wo willst Du eigentlich leben?
„Hast Du Dir mal überlegt, wie lebenswert eine Stadt noch ist ohne Schwimmbäder“
Sagenwasist,
ich habe nichts gegen Schwimmbäder, die soll es auch weiterhin geben. Allerdings nur auf privatwirtschaftlicher Basis und nicht mit Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt subventioniert.
„ohne intakte Spiel- und Bolzplätze“
Es gibt in Halle private Vermieter und Wohnungsgesellschaften, die eigene Spiel- und Bolzplätze unterhalten. Das reicht völlig aus und ist auch erheblich preiswerter.
„ohne Kultur“
Überall, wo Menschen leben, gibt es Kultur. Alles, was der Mensch macht, tut und unterlässt, ist Kultur. Sie meinen sicherlich die darstellende Kunst, wie sie bei TOOH und Co zu sehen ist. So etwas gehört privatisiert. Wer Veranstaltungen der Bühnen Halle besuchen will, sollte auch entsprechend dafür zahlen.
„ohne attraktive Orte, die gepflegt werden müssen?“
Was genau meinen Sie damit? Was für Orte sollen das sein?
„Wo willst Du eigentlich leben?“
Ich will in einer Stadt Halle leben, wo die Leistungsträger das Sagen haben und nicht die Transfergeldempfänger.
Wieder keine Ahnung.
103 Millionen Liquiditätskredite bedeuten nicht automatisch, dass 103 Millionen fehlen. Du weißt es ja aber eh besser.
Und warum sollte man nicht auf die Gegenfinanzierung von übertragenen Pflichtaufgaben bestehen?
@PH, eine Stadt lebt auch von freiwilligen Leistungen.
Herr Geier hat jahrelang die Wahrheit verschwiegen.
Der Herr Kerzel schaut jetzt dumm aus der Wäsche.
Der Problemwels wahrscheinlich auch.
Da stellt sich für mich die Frage: hat es einen driftigen Grund gegeben, weshalb diese Fraktion der Videokonferenz verblieb? Wie nennen sich Hauptsache Halle und was ist ihre Hauptsache – nicht teilnehmen. Was für Leute sitzen da eigentlich rum? Wollen diese Leute wirklich etwas erreichen? Oder grenzt das nicht teilnehmen schon an Arbeitsverweigerung?
Das fällt garnicht auf ob die da sind oder nicht.
Mir scheint eher, der Urlaub für Stadträte ist auf jeden Fall wichtiger als die Angelegenheiten der Stadt und die Transparenz.
Stadträte sind Politiker im Ehrenamt und haben einen „normalen“ Job, der Arbeitgeber hat Anspruch auf gute Arbeitsleistung und dazu gehört auch das Krafttanken im Erholungsurlaub.
Nicht ohne Grund müssen Stadträte gemäß KVG LSA und weiterer Regelungen für Sitzungen bezahlt freigestellt werden, der AG ist entsprechend zu entschädigen.
Freiwillig ist die Arbeit im Stadtrat, schon mal davon gehört? Die räte haben allesammt einen Brot- und Butterjob zu Ernährung ihrer familien. Dementsprechend steht ihnen auch Urlaub zu, den sie halt dann nehmen, wenn es persönlich und ggf auch rätlich planbar ist. Du hast von Nix eine Ahnung, aber dafür sehr fundiert und in Masse
Urlaub ist auch wichtig.Für jeden Bürger der arbeitet.
Du hast nie Urlaub?
… kaum ist der Stadtratsvorsitzende weg, quaken alle Fraktionen wieder durcheinander… das zeigt eigentlich nur, dass Jan Riedel in dem einen Jahr als Stadtratsvorsitzender hervorragende pädagogische Arbeit geleistet hat, da er den Kindergarten Stadtrat „im Griff“ hatte…
Quatsch. Es haben immer alle ständig ihre Meinung zum besten gegeben, egal wer da Stadtratsvorsitzender war. Die Funktion eines Stadtratsvorsitzenden überbewertest du vielleicht ein bisschen. Er muss die Sitzung leiten. Alle „im Griff haben“ wäre vielleicht schön, aber ist doch weit unrealistisch.